Antragsteller*in: | KV Dahme-Spreewald (dort beschlossen am: 04.12.2023) |
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Verfahrensvorschlag: | Weiterleiten an: LAG Energie |
V1: Umgang mit dem Windkraftausbau im Land Brandenburg
Antragstext
Die LDK möge beschließen, dass die Landtagsfraktion im Sinne der folgenden Punkte auf das gesetzgeberische Handeln von Regierung und Landtag direkt oder durch Beschlussanträge Einfluss nimmt:
1. Die Landtagsfraktion von B 90/DIE GRÜNEN fordert die Landesregierung auf, geeignete regulatorischen Schritte vorzunehmen, durch die die Regionalen Planungsgemeinschaften ermächtigt werden, steuernd und regulierend bezüglich des Windkraftausbaus im Land tätig zu werden, jeweils auch, bevor die regionale Zielquote erreicht ist.
2. Es soll so sichergestellt werden, dass bei Genehmigungen von Windkraftanlagen die Regionalen Planungsgemeinschaften bzw. die Gemeinden angemessen an den Planungen und Genehmigungsverfahren beteiligt werden.
3. Eine zufällige oder systematische übermäßige Konzentration in einzelnen Gemeinden ist zu vermeiden bzw. ihre Durchsetzung zu verhindern. Dieser Fall kann eintreten, wenn diese im Vertrauen auf die Teilregionalpläne Wind und das Moratorium keine eigenen Planungen über ihr Gebiet gelegt hatten und sie dadurch auf den sog. „Weißen Flächen“ mit Anlagenzubau konfrontiert sind, ohne irgendwie steuernd und regulierend eingreifen zu können.
4. Es sind Regelungen zu erarbeiten, die ermöglichen und sicherstellen, dass die aus den installierten Anlagen fließenden Abgaben bzw. vertraglichen Leistungen für Windkraftanlagen nicht ausschließlich in die Haushalte der Städte und Kommunen fließen, ohne dass davon die ggf. belasteten Dörfer bzw. Ortsteile profitieren.
4. Mögliche ortsrelevante Optionen, wie die Errichtung von örtlichen Nahwärmenetzen, Sonderstromtarifen etc. sind im Zusammenhang der Errichtung von Windkraftanlagen im Rahmen regulatorische Setzungen zu befördern.
5. Für die Lösung der Probleme der unzureichenden Stromableitung, was bei der älteren Generation von Anlagen regelmäßig zu Abschaltungen bei fortlaufender Vergütung führt, sind von der Landesregierung beim Bund nachdrücklich Lösungen einzufordern, die einen örtlichen, vergünstigten Verbrauch ermöglichen.
6. Die Landesregierung wird aufgefordert, beim Bund Sorge zu tragen, dass die Ausbaukosten der Leitungen von den Beziehern des Stromes stärker mitfinanziert werden.
Begründung
Wir betonen nachdrücklich, dass wir die Notwendigkeit der Förderung erneuerbarer Energien nachvollziehen und zu ihrer Förderung bereit sind, wir akzeptieren die Notwendigkeit des 1,8%- bzw. 2,2%-Zieles des neuen Wind-an-Land-Gesetzes für Brandenburg. Kreise und Kommunen erarbeiten zudem aktuell umfängliche Rahmenrichtlinien für die Aufstellung von Photovoltaikanlagen. In nicht wenigen Regionen und Dörfern stehen bereits so viele Windkraft- und PV-Anlagen, dass das Erreichen des 1,8%- bzw. 2,2%-Ziel vor Ort kein Problem mehr bedeuten dürfte. Bis das Maximalziel erreicht ist, gibt es jedoch auch für engagierte und Windkraft-affine Gemeinden aktuell keine Eingriffs- und Steuerungsrechte. Jedoch müssen wir nicht selten den Stillstand der Windkraftanlagen beobachten, weil der Strom nicht hinreichend abtransportiert werden kann. Dass der Leitungsbau zudem die Stromkosten vor Ort erhöht, sei der Vollständigkeit halber erwähnt – die Brandenburger Regionen tragen also die Lasten der Energiewende bereits überproportional.
Aus den Konflikten um den Windkraftanbau in seiner Anfangsphase hatte sich die Einsicht verdichtet, dass für die Errichtung der Anlagen ein Bedingungsrahmen gefunden werden muss. Nachdem jedoch eine Vielzahl von Teilregionalplänen Wind oft an Formalien gerichtlich gescheitert war, hatte das Land zur Vermeidung eines ungesteuerten Zuwachses von Windkraftanlagen ein Moratorium erlassen. Diese konnte nicht verlängert werden, jedoch hatte die Landesregierung nicht die (jahrelange, also hinreichende) Zwischenzeit genutzt, um ein praktikables Rahmenregelwerk zur Steuerung der Errichtung von Windkraftanlagen zur Beschlussreife zu bringen. Dass aktuell jetzt von „Angebotsplanung“ statt einer früheren „Verbotsplanung“ im Sinne eines Paradigmenwechsels geredet wird, ist eine Wortverdreherei für die Uninformierten, denn auch vorher ging es in den Teilregionalplänen Wind stets um eine maximale, aber eben auch optimale, Bereitstellung von Windkraftflächen.
Nachdem nun auf Bundesebene die Möglichkeiten zum Bau von Windkraftanlagen erleichtert und erweitert wurden, besteht auf Landesebene bzw. bei den regionalen Planungsgemeinschaften nachdrücklich Handlungsbedarf im Sinne einer solchen regelnden Rahmensetzung. Das Land kündigte durch den zuständigen Minister zwischenzeitlich einen neuen Rahmen für diese „Angebotsplanung“ unter Aufgabe der Teilregionalpläne Wind an: „Im Ergebnis wird die Regionalplanung nicht nur mehr Raum für die Windenergienutzung bieten, sondern auch Kommunen und Unternehmen einen stabileren und zugleich flexibleren Rahmen für ihre Planungs- und Investitionsentscheidungen“, sagte Ex-Infrastrukturminister Guido Beermann (CDU). „Je früher die neuen Regionalpläne fertig sind, desto besser können sie den Ausbau der Windenergienutzung steuern.“ (dpa). Seit dieser Ankündigung des Ministers im Okt. 2022 wartet das Land darauf – und eigentlich schon seit vier Jahren. Leider unklar ist deshalb und vor allem, welche Regeln in der Zeit bis dahin gelten, genauer, auf den Punkt: es gelten die Regeln des Investorenzugriffs auf die sogenannten „Weißen Flächen“, die in den alten Teilregionalplänen Wind nicht in die engere Wahl gekommen waren.
Die Bürger stehen faktisch vor der Situation, dass sie aktuell Zubau der Landschaft mit Windkraft ohne Eingriffsmöglichkeiten, Steuerung oder Beeinflussung von Seiten der Gemeinden hinnehmen müssen. Für die betroffenen (zumeist) Ortsteile stellt sich das so dar, dass die Planungen ohne aus ihrer Sicht zureichende Rücksicht auf regionale und örtliche Belange (Anlagenverdichtungen, Abstandswahrung, (bedingt) Geräuschbelästigungen, Blinkfeuer, Waldschutz bzw. Waldumbaupläne, (bedingt) Landschafts- und Artenschutz, Belastungen durch bereits vorhandene Anlagen, Sichtachsen, Entwertung naheliegender Grundstücke usw.) durchgesetzt werden können. Dörfer und Ortsteile erleben die Situation, dass von Windkraftanlagenbauern zügig auf die sog. Weißen Flächen zugegriffen wird, ohne Steuerungsmöglichkeit oder Abwehrmöglichkeiten für Gemeinden und Ortsteile (vgl. der verlorene Prozess im Bereich Lieberose). Aus den vielen vormals optionalen Flächen bei der Erarbeitung der Teilregionalpläne kann sich damit eine regelrechte Umzingelung von Ortsteilen durch Windkraft entwickeln mit deutlichem Störpotential für den Ort wie auch Entwertung der gesamten Ortslage.
In der Regel erfolgen die Zubauten in Ortsteilen (=Dörfern) der Gemeinden, gemäß der aktuellen Rechtslage fließen die Zahlungen aus den Anlagen allein in den (Gesamt-)Gemeindehaushalt ohne Verpflichtung oder Möglichkeit, die Mehrbelastungen der den Anlagen benachbarten Dörfer irgendwie zu kompensieren. Positive Beispiele, bei denen Windkraftanlagenbetreiber vor Ort Sonderleistungen, wie den Aufbau eines örtlichen Nahwärmenetzes o.ä. anbieten, sind die Ausnahme und aktuell allein vom guten Willen der Firmen abhängig. In der Regel wird die Errichtung von Anlagen ggf. auch gegen den – rechtlich z. Zt. nicht durchsetzbaren - Widerstand der Gemeinden über Anwaltskanzleien erzwungen (für beides können Belege und Beispiele beigebracht werden).
Dass zudem massiv auch in Waldgebiete hineingebaut werden kann, weist auf ein Problem des Gesetzes und auf ein weiteres Defizit der Landespolitik hin: Da der Waldumbau nur im Schneckentempo vorangekommen ist, können die „minderwertigen“ Stangenholzforsten bald allesamt Opfer des Windkraftausbaus werden, womit weitere Naturräume und aktuelle oder potentielle Biotope endgültig der Zerstörung anheimfallen statt sie als aufgewerteten, umgebauten „echten“ Wald in klimaschützender Funktion nutzen zu können. Zudem werden die detaillierten Planungen für PV-Anlagen nicht selten Makulatur, da – bisher – Windkraftanlagen Vorrang haben und nicht mit PV-Anlagen unterbaut werden.
Soweit bisher etwas über die rahmengesetzlichen Planungen im Landtag nach außen drang, geht es dort darum, dass die Regionalplanung bzw. die Kommunen veranlasst werden, weitere Windkrafteignungsflächen anteilig im Rahmen einer „Angebotsplanung“ als Vorrangflächen auszuweisen. Bei diesem Ansatz wird es essentiell sein, dass Gemeinden, die in der Vergangenheit sich schon zur Installation von Windkraftanlagen bekannt und geeignete Gebiete dafür ausgezeichnet hatten, nicht darüber hinaus im Übermaß belastet werden und die bereits installierten Anlagen volle Anrechnung erfahren. Denn, wie notwendig auch immer die Installation von erneuerbaren Energieanlagen ist, so bedeuten sie doch für Natur und Menschen eine aus städtischer Sicht gerne unterschätzte Belastung, die deshalb nach Möglichkeit gleichmäßig und fair zu verteilen ist – eine der vornehmsten Aufgaben der Gesetzgebung.
Aus den Regionen gab Luckau es Kritik an der aktuellen Situation, auch der Petitionsausschuss beschäftigte sich damit. Seine Antwort hat die Bürger nicht befriedigt. So stellt er u.a. als Positivum dar, dass nunmehr, entgegen den alten Teilregionalplänen Wind, die Gemeinden die Freiheit haben, weitere Eignungsgebiete auszuweisen. Was verschwiegen wird ist, dass die Gemeinden dieses, wenn ein Firmenkonsortium das beantragt, auch MÜSSEN. Die Möglichkeit, Dinge zugunsten von Dörfern und Kommunen zu verhandeln, hängt allein von der Profitorientiertheit der Unternehmen ab. Gemeinden, die dabei verhandeln wollen, drohen spezialisierte Anwaltskanzleien mit Klagen. Die in der Antwort auf die Petition aus dem Dorf Zieckau behaupteten umfassenden Beteiligungsrechte der Kommunen sind eingedampft auf letztlich „Siedlungsabstände, [i.d.Regel 1000 m], Natur- und Artenschutzbelange“, Emissionsrecht wäre noch anzuführen wegen der Geräusche und dem Blinkfeuer der Anlagen. Nur bei Vorliegen einer Bauleitplanung kann die Gemeinde ihr Einvernehmen versagen und erhält damit überhaupt eine Verhandlungsoption. In allen anderen Fällen besteht zwar kein „gesetzloser“ Zustand, wie die Antwort des Petitionsausschusses zurecht betont, nur greift der gesetzliche Rahmen ausschließlich – bis auf die genannten Beschränkungen – zugunsten der Investoren, die Gemeinden MÜSSEN ihr Einvernehmen geben.
Dass am Ende der Petitionsabweisung betont wird, die regionalen Planungsgemeinschaften arbeiteten autonom und das Land dürfe da ohnehin nicht eingreifen, überzeugt am allerwenigsten: So, wie die Bundesgesetzgebung neue Bedingungen geschaffen hat, erwartet der Bürger, dass sein Bundesland darauf zügig und qualifiziert reagiert, das ist der legitime Anspruch des Wählers und Bürgers. Dass es anders gehen kann, zeigen die Blicke in andere Bundesländer. Der Wähler beurteilt die Regierung nach ihrem Handeln und ihrer Handlungsfähigkeit, nicht nach ihrem Handlungsunvermögen.
Soweit bisher Stimmungslagen der Dörfer und Ortsteile erkennbar sind, besteht die ernste Gefahr, dass die skizzierten Entwicklungen und Problemlagen zu einer weiteren Entfremdung der Wähler von den etablierten Parteien und insbesondere von den GRÜNEN, die damit besonders verbunden werden, führen und neben der Dorfbewegung und Dörferlisten in den Wahlen besonders den „Unabhängigen Wählervereinigungen“, wenn nicht sogar der AfD Zulauf bescheren (vgl. Umfrageergebnisse und die Landratswahlen in LDS). Benjamin Raschke sagte bei einer Mitgliederversammlung in LDS in diesem Zusammenhang: „Wir müssen aufzeigen, dass die Energiewende auch für die Dörfer ein Erfolg ist!“ Tun wir das – genau diesem Zweck dient dieser Antrag.
Lothar Treder-