Antragsteller*in: | GRÜNE JUGEND Brandenburg (dort beschlossen am: 29.03.2023) |
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Verfahrensvorschlag: | Abstimmung |
12. V1: Keine Ausnahmen! Her mit Tarifverträgen und Mitbestimmung für studentische Beschäftigte!
Antragstext
Neben Schule, Ausbildung und Studium noch zu arbeiten, um sich das Leben leisten zu können, ist für viele junge Menschen keine Ausnahme, sondern die Regel. Prekäre Arbeitsbedingungen sind hierbei die Alltagsrealität vieler. Gerade in Zeiten von Preisteigerungen, Mieterhöhungen und sozialer Unsicherheit sehen sich junge Menschen mit akuten finanziellen Sorgen konfrontiert. Das ist kein neues Muster: bereits während der Corona Pandemie fanden sich viele junge Menschen in unsicheren und prekären Situationen wieder und fühlten sich vergessen. Dieser Zustand ist kein Zufall, sondern strukturell und politisch gewollt. Das sehen wir unter anderem an Arbeitsverhältnissen studentischer Beschäftigter an Universitäten und staatlichen Forschungseinrichtungen. An den Brandenburger Hochschulen arbeiten immerhin nicht weniger als rund 2.500 studentische Beschäftigte. Anstatt die katastrophale Unterfinanzierung der Hochschulen anzugehen, wird die schlechte Bezahlung von Studierenden ideologisch
gerechtfertigt und das Arbeitsverhältnis zum Teil mit der akademischen Ausbildung erklärt. Die Entlohnung der studentischen Beschäftigten bewegt sich dabei oft, wenn überhaupt, nur knapp über dem Mindestlohn. Das reicht bei begrenzter Arbeitszeit und den noch immer unzureichenden Strukturen im BAFöG nicht zur Deckung der Lebenskosten. Oft reicht es nicht einmal für die Miete. Andersherum bedeutet das auch, dass man sich die Arbeit und den Zugang in die Forschung und die Universität leisten können muss. Von dieser Beschäftigung allein wird man nicht über die Runden kommen. Diese Zustände sind nicht weiter tragbar.
Deshalb bekennt sich BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Brandenburg solidarisch mit der Initiative „TVStud – Tarifvertrag für Studentische Beschäftigte jetzt!“ und unterstützt die politische Forderung nach einem Tarifvertrag zur Verbesserung der Arbeits- und Vertragsbedingungen von studentischen Beschäftigten.
Die Landesdelegiertenkonferenz bittet die Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Brandenburg:
1. sich für die Tarifierung der studentischen Beschäftigten zur nächsten TV-L-Tarifrunde im Herbst diesen Jahres gegenüber dem zuständigen Innenminister Michael Stübgen als Vertreter im Arbeitgeberverband (TdL) stark zu machen,
2. sich im Rahmen der Hochschulgesetznovelle für Mindestvertragslaufzeiten von 24 Monaten einzusetzen,
3. sicherzustellen, dass das Personalvertretungsgesetz in diesem Jahr noch beschlossen wird und weiterhin eigenständige studentische Personalräte vorsieht sowie
4. einen Beschluss des Landtages vorzubereiten, der die oben genannten Punkte aufgreift und ein klares Bekenntnis des Landes Brandenburg zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen studentischer Beschäftigter beinhaltet.
Begründung
An den Brandenburger Hochschulen gibt es rund 2.500 studentische Beschäftigte. Sie alle haben vergleichsweise prekäre Arbeitsbedingungen, wie die aktuelle Studie „Jung, akademisch, prekär. Studentische Beschäftigte an Hochschulen und Forschungseinrichtungen: eine Ausnahme vom dualen System regulierter Arbeitsbeziehungen.“ des Instituts Arbeit und Wirtschaft der Universität Bremen (iaw) zeigt.
Die Studie zeigt: die Vertragslaufzeiten liegen in Brandenburg im Durchschnitt bei 7,8 Monaten. Dabei gibt es aber auch deutliche Ausschläge nach unten. Beispielsweise laufen an der BTU Cottbus-Senftenberg die Verträge durchschnittlich gerade einmal rund 3,5 Monate (vgl. Drucksache 7/4474). Häufig werden die Studierenden im Rahmen von sogenannten „Kettenbefristungen“ immer wieder auf der gleichen Stelle angestellt. Durchschnittlich arbeiten studentische Beschäftigte mit 4,6 Arbeitsverträgen auf derselben Stelle, wie die Studie ebenfalls zeigt. Die kurzen Vertragslaufzeiten führen somit vor allem zu einem größeren Abhängigkeitsverhältnis von der vorgesetzten Person und zu großen finanziellen Unsicherheiten. Insbesondere die finanzielle Unsicherheit führt dazu, dass sich Studierende eine studentische Beschäftigung an der Hochschule erstmal „leisten“ können müssen. Berlin hat gesetzlich eine Mindestvertragslaufzeit von vier Semestern festgelegt, dementsprechend liegen hier die durchschnittlichen Vertragslaufzeiten auch bei 14,1 Monaten. Auch der Lohn liegt meistens auf dem Niveau des gesetzlichen Mindestlohns und der Urlaub entspricht dem gesetzlichen Mindestanspruch. Die Studie sieht Brandenburg nicht zuletzt auf einem traurigen Spitzenplatz: 89,1 % der studentischen Beschäftigten gelten als armutsgefährdet. In Berlin liegt die Quote mit 64 % viel niedriger und stellt damit auch die geringste Quote bundesweit dar. Das ist dramatisch für die Studierenden und dramatisch für das Land im Wettbewerb um die klügsten Köpfe. Zunehmend fällt es den Hochschulen schwerer, noch studentische Beschäftigte zu gewinnen. Daher gilt es nun also, diesen Job deutlich attraktiver zu gestalten!
Studentische Beschäftigte sind Beschäftigte des öffentlichen Dienstes, werden aber bei dem eigentlich maßgeblichen Tarifvertrag der Länder (TV-L) bewusst ausgenommen. haben uns gemeinsam mit den Koalitionspartnern zu einer Stärkung der Tarifbindung im Land Brandenburg im Koalitionsvertrag bekannt. Tariffreie Räume im öffentlichen Dienst gilt es dementsprechend zu schließen. Auch auf gesetzlicher Ebene braucht es deutliche Verbesserungen der Bedingungen studentischer Beschäftigung, etwa im Rahmen von Mindestvertragslaufzeiten.