Status: | Beschluss |
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Beschluss durch: | 48. Landesdelegiertenkonferenz |
Beschlossen am: | 29.04.2023 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Für eine wettbewerbsfähige, nachhaltige und klimaneutrale Wirtschaft in Brandenburg
Beschlusstext
Die Märkte der Zukunft sind klimaneutral und digital.
Wir geben der Wirtschaft in Brandenburg klare, zukunftsorientierte Rahmenbedingungen und eine nachhaltige, das Klima schützende Orientierung, damit Unternehmer*innen aller Branchen im Rahmen der natürlichen Grenzen unseres Planeten wettbewerbsfähig wirtschaften können. Es ist die Aufgabe der Politik, die Entwicklungsmöglichkeiten für bestehende und zu gründende Unternehmen in Brandenburg so zu gestalten, dass sie die Chancen der Zukunft ergreifen und sozial und ökologisch verantwortlich auf Dauer erfolgreich sein können.
Hierzu fordern BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Brandenburg:
- Transformation
Digitalisierung
Zugang zu schnellem Internet ist in Brandenburg noch nicht überall selbstverständlich, aber für den Erfolg von Unternehmen eine Grundvoraussetzung. Der ländliche Raum wird zunehmend attraktiv für Start-ups, Existenzgründer*innen und für die Ansiedlung großer Technologieunternehmen. Wir setzen uns ein für einen schnellen und flächendeckenden Ausbau der digitalen Infrastruktur (Glasfasernetze) und der Mobilfunknetze.
Mit wachsender Datenverfügbarkeit, die für zukunftsfähige und resiliente Wirtschaftsstrukturen und Wissenschaft gebraucht werden, muss auch die Nutzung dieser Daten reguliert werden. Wir unterstützen die Pläne auf europäischer und Bundesebene für regulatorische Maßnahmen zur Nutzung von Daten durch Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft.
Wir setzen uns für die Förderung von OpenData und OpenSource in der Verwaltung ein, um neue, wertschöpfende Geschäftsmodelle zu ermöglichen.
Kreislaufwirtschaft
Abfälle sind für uns kein Müll, sondern die Ressourcen von morgen. Unser Ziel für Brandenburg heißt „Zero-Waste“. Wir wollen Brandenburg zu einer Modellregion für das Ende der Wegwerfgesellschaft machen, mit innovativen Recyclingunternehmen und Forschungsinstituten. Wir wollen die Unternehmen bei ihrer Transformation vom linearen zum zirkulären Wirtschaften gezielt fördern, die schon beim Design ihrer Produkte Prinzipien der Reparaturfähigkeit, der Wiederverwendung und des Recyclings mitdenken, denn sie werden in der Zukunft erfolgreicher sein. In einem Zukunftsprogramm Bioökonomie können nachwachsende Rohstoffe als Startpunkte für Produktkreisläufe der Zukunft entwickelt werden. Das Brandenburgische Abfall- und Bodenschutzgesetz wollen wir novellieren und eine brandenburgischen Kreislaufwirtschaftsstrategie mit konkreten Maßnahmen für Abfallvermeidung, ressourcenschonendes Prozess- und Produktdesign, Wiederverwendung und Recycling erarbeiten. Landesverwaltungen und landeseigene
Betriebe machen wir zu Leuchttürmen der Kreislaufwirtschaft. Güter und Materialien werden mit Produktpässen ausgestattet, die Informationen über ihre Kreislauffähigkeit geben.
Im Baubereich setzen wir uns für sozial verträgliche Fördermöglichkeiten von niedrigschwelliger Sanierung ein. Sanierungen und Erweiterungen haben stets Vorrang vor Abbruch und Neubau.
Bürokratieabbau - effiziente und unternehmensfreundliche Verwaltungsprozesse
Ohne Bürokratie kann die Einhaltung von Recht und Gesetz, und damit auch von sozialen und ökologischen Standards nicht gewährleistet werden. Wir machen Bürokratie digitaler, schneller und effizienter und bauen so Belastungen für Selbständige und Unternehmen ab, wobei wir soziale und ökologische Schutzstandards nicht absenken. Unser Ziel ist es, dass Unternehmen sämtliche Behördenkontakte und Statistikpflichten über eine zentrale Plattform abwickeln können. Behördliche Entscheidungs-, Genehmigungs- und Prüfungsprozesse werden mit Hilfe digitaler Anwendungen beschleunigt oder vollständig automatisiert. Wir wollen den Personalaufbau bei den Genehmigungsbehörden zur schnelleren Bearbeitung von Anträgen fortsetzen.
Energie und knappe Ressourcen
Erneuerbare Energie aus Sonne und Wind sind wichtige Standortfaktoren für Unternehmen und zwingende Voraussetzungen für eine klimaneutrale Wirtschaft. Sie ist in der Erzeugung preiswerter als fossile oder Atomenergie. Es ist das ausgewogene Verhältnis von Wind und Solar, das durch Speichertechnologien ergänzt, in Zukunft eine stabile Versorgung mit Energie sichert. Dabei soll der günstige Überschussstrom für die Speicherung verwendet und zum Ausgleich von Fluktuationen eingesetzt werden. Im Bund haben wir die Förderung von Solar und Speichern massiv gestärkt und für Eigennutzung steuerlich entlastet. Wir setzen uns für ein verbessertes Regelwerk für die Erzeugung, Übertragung und Nutzung von erneuerbarer Energie ein, damit diese lokal erzeugte Energie kostengünstig vor Ort genutzt werden kann.
Die Elektrifizierung der Sektoren hat Priorität. Doch für verschiedene industrielle Prozesse ist eine direkte Elektrifizierung nicht möglich. Grüner Wasserstoff hilft, diese Lücke zu schließen und die Versorgungssicherheit zu erhöhen. Deutschland will bis 2030 Leitmarkt für Wasserstoff werden. Wir werden die Weichen stellen, damit Brandenburg zu einem führenden Technologiestandort für grünen Wasserstoff wird. Die Ansätze zum Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft in Brandenburg und zum Aufbau eines überregionalen Leitungsnetzes für Wasserstoff unterstützen wir und wollen sie in Umsetzung bringen.Zukünftig kann mit grünem Wasserstoff aus der Uckermark in Eisenhüttenstadt grüner Stahl entstehen, aus dem in Henningsdorf Züge für unseren Nahverkehr werden.
Wasser wird in Brandenburg mehr und mehr zu einem knappen Gut. Das fehlende Wasser wird immer stärker zum limitierenden Faktor für Gewerbe- und Industrieansiedlung und -entwicklung. Ein intelligentes Wasserressourcenmanagement, in enger Zusammenarbeit mit Berlin, muss sicherstellen, dass Wasser auch langfristig in ausreichendem Umfang und guter Qualität für die konkurrierenden Nutzungen in Haushalten, Industrie sowie Landwirtschaft zur Verfügung steht. Wir wollen Unternehmen bei wassersparenden Produktionsweisen und bei der notwendigen Umstellung zu geschlossenen Wasserkreisläufen unterstützen.
Wirtschaft für die Menschen
Die bestehende Wirtschaftsweise sprengt neben den planetaren auch die gesellschaftlichen Grenzen. Deshalb ist es für uns von herausragender Bedeutung, das grundsätzliche Ziel wirtschaftlichen Handelns - Wirtschaft für die Menschen - zu unserem Kompass zu machen. Wir stärken gemeinnützige Arbeitgeber*innen, Genossenschaften, „Purpose-Unternehmer*innentum“, Sozialunternehmen, Sharing-Initiativen und solidarische Gemeinschaften mit geeigneten Beratungs- und Unterstützungsstrukturen. Zugleich setzen wir uns für die Gemeinwohlbilanzierung landeseigener Betriebe ein und laden privatwirtschaftliche Unternehmen ein, mit einer Beratungsunterstützung an dieser Initiative teilzunehmen.
Die Verwaltung sollte ökologische und soziale und gemeinwohlorientierte Kriterien beim Verwaltungshandeln berücksichtigen, insbesondere durch eine nachhaltige Beschaffung. Dafür braucht es u.a. eine Tariftreueklausel, mit der allgemein wirksame Tarifverträge für die Auftragsausführung vorgegeben werden, sowie verbindliche Umweltkriterien im Brandenburger Vergabegesetz! Firmen, die im Auftrag des Landes arbeiten, müssen Arbeitsbedingungen in einer Qualität gewährleisten, die denen von tarifgebundenen Unternehmen entspricht und vom Land vorgegebene Umweltstandards einhalten.
- Fach- und Arbeitskräftebedarf
Für die Unternehmen in Brandenburg ist der Mangel an Fach- und Arbeitskräften das Problem, das sie schon heute am meisten an ihrer Entwicklung hindert. Durch die demografische Entwicklung werden innerhalb der nächsten 15 Jahre noch mal 15 Prozent weniger Arbeitskräfte zur Verfügung stehen als heute. Ein klimaneutraler Umbau der Wirtschaft und ein nachhaltiger Wohlstand ist aber ohne entsprechende Arbeitskräfte nicht erreichbar.
Dieser dramatischen Situation kann nicht durch eine einzelne Maßnahme begegnet werden, sondern wir brauchen ein Bündel an Veränderungen:
- Junge Menschen müssen passgenauer zu ihren Berufen geführt werden. Wir treten dafür ein, dass Studium und duale Ausbildung ebenbürtig behandelt werden und dieselbe soziale Anerkennung verdienen. Daher setzen wir uns für eine Gleichwertigkeit von Bachelor- und Meister*innen-Ausbildung ein. Zudem ist es dringend notwendig, die Quote der Schulabbrecher*innen zu verringern. Diese jungen Menschen müssen rechtzeitig in ihrer Schullaufbahn unterstützt- und für entsprechende Berufe befähigt werden.
- Wir setzen uns für die Modernisierung der Berufsbilder der dualen Ausbildung ein, damit sie die Anforderungen der klimaneutralen Wirtschaft besser abbilden. Entsprechende Weiterbildungen und Umschulungen wollen wir stärken.
- Deutschland hinkt in Europa weit hinterher bei der Integration von Geflüchteten auf dem Arbeitsmarkt. Wir müssen die Einwanderung von Arbeitskräften weiter erleichtern und landesweit eine Willkommenskultur für ausländische Arbeitskräfte erreichen. Die Anerkennung ausländischer Abschlüsse und die Nachqualifizierung wollen wir verbessern. Dies darf sich nicht nur auf bereits ausgebildete Arbeitskräfte beziehen, sondern muss ausbildungswillige Migrant*innen einschließen und auch weitere Möglichkeiten zum „Spurwechsel“ aus dem Asylverfahren umfassen. Als Land wollen wir hier mit verstärkten Sprach- und Qualifizierungsmaßnahmen unterstützen.
- Wir müssen die im internationalen Vergleich auch in Brandenburg noch unterdurchschnittliche Erwerbsbeteiligung von Frauen erhöhen. Der Ausbau professioneller Kinderbetreuungs- und Pflegeangebote und auch die Flexibilisierung von Arbeit, wie z.B. Homeoffice, ermöglichen dies. Dazu gehört auch die Wertschätzung in den Betrieben und gleicher Lohn für gleiche Arbeit.
- Wir müssen helfen, den Arbeitsalltag so umzugestalten, dass Menschen länger arbeiten können und nicht ausgebrannt in die Frühverrentung gehen müssen. Zwar hat sich der Anteil körperlich schwerer Arbeiten in den vergangenen Jahrzehnten deutlich reduziert, aber die intellektuellen und emotionalen Anforderungen in der Arbeitswelt sind stetig gestiegen. Hierfür muss der Stresslevel in den Betrieben gesenkt und aktiv in betriebliches Gesundheitsmanagement investiert werden. Ein nachhaltiges Unternehmen erhält die Arbeitskraft auch seiner älteren Beschäftigten.
- Frauen stehen vor höheren Hürden, um in der Wirtschaft Fuß zu fassen. Damit sich das ändert, soll das Land Brandenburg spezifische und maßgeschneiderte Förderprogramme für Frauen vorsehen. Wir wollen bezahlten Mutterschutz und Elternzeit auch für Unternehmer*innen ermöglichen.
- Wir setzen uns dafür ein, die Einbindung von Menschen mit Behinderungen in den ersten Arbeitsmarkt zu verbessern.
- Vor dem Hintergrund des anhaltenden Arbeitskräftemangels brauchen wir auch Maßnahmen zur Steigerung der Arbeitsproduktivität, die nicht auf Kosten der Belastung der Beschäftigten gehen.
- Gewerbe- und Industrieflächen für Brandenburg – aber richtig
Attraktive Gewerbe- und Industrieflächen sichern durch gute Arbeitsplätze und eine hohe Wertschöpfung den Wohlstand in der Hauptstadtregion. Diese Flächen werden vor Allem im Berliner Umland zunehmend knapp. Im ganzen Land nimmt die Konkurrenz zwischen den verschiedenen Nutzungen deutlich zu. In Brandenburg gibt es aber auch strukturschwache Regionen, die zu attraktiven Industrie- und Gewerbestandorten werden können. Hier muss es zu einem sinnvollen Ausgleich kommen. Bei der Erschließung neuer Standorte in diesen Regionen hilft die von uns mit neuen und ökologischen Kriterien versehene Förderung der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur"(GRW). Die lokale Verfügbarkeit von grüner Energie ist ein echter Standortvorteil in Brandenburg. Wir entwickeln ein landesweites Gewerbe- und Industrieflächenkonzept, das diesen Ausgleich schafft. Die Nutzung bestehender Flächen und Infrastruktur ist vorrangig gegenüber Neuerschließungen zu verfolgen. Neue Gewerbe- und
Industrieflächen müssen nachhaltig und klimaneutral sein. Dabei müssen wir weg von einer Vergabe der Flächen zur quantitativen Arbeitsplätzeschaffung, hin zu einer qualitativen Auswahl. Nur noch Unternehmen, die Lücken in Wertschöpfungsketten schließen oder bei der sozialökologischen Transformation helfen, dürfen Flächen angeboten werden.
Dabei ist für uns auch wichtig, vorrangig bestehende Gewerbe- und Industriegebiete besser zu nutzen. Diese müssen teilweise auf den heutigen Stand ertüchtigt werden (z.B. Gigabit-Internetanbindung und energetische Sanierung), ferner muss die fortdauernde Nutzung der einzelnen Flächen überprüft und ungenutzte Parzellen müssen wieder zu größeren Einheiten zusammengeführt werden.
Zur Entwicklung neuer Flächen ist eine enge Zusammenarbeit der unterschiedlichen Ministerien erforderlich, um alle Aspekte von Wirtschaftsentwicklung, Umwelt- und Klimaschutz und der erforderlichen verkehrlichen Anbindung für Güter und Personen im Blick zu behalten. Alle Erfolgsfaktoren einer möglichen Ansiedlung sind von Anfang an zu berücksichtigen.
Um diese Kriterien umzusetzen, treten wir für eine Unterstützung der Kommunen durch das Land ein und werben für eine aktive Rolle der Kommunen für die Entwicklung der Gebiete, auch indem sie das Eigentum an den zu entwickelnden Gebieten so lange wie möglich halten. Gleichzeitig werben wir für inter-Kommunale Kooperationen im Sinne einer ökologischen und ökonomischen nachhaltigen Entwicklung, um insb. Überbietungswettkämpfen zwischen Kommunen bei der Ausweisung von Gewerbe- und Instrieflächen entgegenzuwirken.
Es werden zusätzliche Ansiedlungskriterien entwickelt, damit im Falle einer Konkurrenz von privatwirtschaftlichen Unternehmen um Gewerbeflächen wettbewerbsfähige und nachhaltig wirtschaftende Unternehmen Priorität erhalten.
Zentrale Bedeutung kommt hier der Flächenkonkurrenz zu. Brandenburg braucht nicht nur neue Gewerbe- und Industrieflächen, sondern auch Freiraum- und mehr Wildnisflächen. Der Wohnungsbau soll ebenfalls verstärkt und Verkehrsflächen sollen für den Umweltverbund erweitert werden. Sowohl für Gewerbe- und Industrieflächen als auch für neue Wohngebiete gilt es zunächst bestehende Flächen entsprechend aufzuwerten und die Nutzung dort zu intensivieren.