Status: | Beschluss |
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Beschluss durch: | 48. Landesdelegiertenkonferenz |
Beschlossen am: | 29.04.2023 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Die Kohle bleibt im Boden – Brandenburg wird Klimaland!
Beschlusstext
Mit der Braunkohle steckt ein Teil der Brandenburger Energieerzeugung noch im vergangenen Jahrhundert fest, während die Klimakrise längst angekommen ist. Anhaltende Dürren, Extremwetterereignisse und Waldbrände sind inzwischen auch in Brandenburg in nicht gekanntem Ausmaß angekommen und nur erste Anzeichen für das, was uns erwartet. Trotzdem bleibt Brandenburg in Sachen Klimaschutz weit hinter seinen Potenzialen zurück. Mehr noch: Brandenburg wird mit größter Wahrscheinlichkeit seinen Beitrag zur Einhaltung der 1,5°C-Grenze verfehlen, wie das vom Brandenburger Klimaministerium in Auftrag gegebene Gutachten des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) deutlich macht. Eine Erkenntnis, die auch der neueste Bericht des Weltklimarats (IPCC) stützt. Das heißt: We need to panic!
Kohleausstieg spätestens 2030!
Wir sehen darin den klaren Auftrag Brandenburg muss schnellstmöglich klimaneutral sein. Der größte Teil der brandenburger Treibhausgasemmissionen stammt aus dem Energiesektor. Dafür verantwortlich ist vor allem die fossile Energie- und Wärmeerzeugung aus der Braunkohle.
Mit der Lausitz im Süd-Osten teilen sich Brandenburg und Sachsen ein nach wie vor aktives Kohleabbaugebiet in der Lausitz. Obwohl die Verstromung von Kohle nicht zwingend für die Versorgungssicherheit benötigt wird, halten SPD und CDU in Brandenburg in unverantworlicher Weise an ihr fest. Die Zerstörung der Landschaft und das Festhalten am ewiggestrigen fossilen Zeitalter hat nicht nur Klimaschäden zur Folge, sondern zerstört nachhaltig den Wasserhaushalt, Ökosysteme, die Biodiversität und die Landschaft in der Lausitz.
Obwohl die Verstromung von Kohle nicht zwingend für die Versorgungssicherheit benötigt wird, halten SPD und CDU in Brandenburg unverantworlicher Weise an ihr fest. Das Festhalten an der Kohle verhindert zum Weiteren den Einstieg ins Neue. Wer heute an der Kohle festklammert verkennt, dass Kohle durch den steigenden CO2-Preis, den schnelleren Ausbau der Erneuerbaren Energien und den sinkenden Gaspreis in den nächsten Jahren unwirtschaftlich wird. Deswegen ist es geboten jetzt für die Menschen in der Region die Weichen zu stellen.
Es ist gut, dass die Bundesregierung sich zum Ziel setzt, auch in den ostdeutschen Kohlerevieren 2030 aus der Braunkohle ausgestiegen zu sein.
Klare Begrenzungen beim Abbau und bei der Verstromung von Kohle!
Die Schäden werden im nächsten Jahrhundert Folgekosten in Milliardenhöhe zur Folge haben, sogenannte Ewigkeitslasten. Allein seit 1990 sind bereits 12 Milliarden Euro für die Sanierung des Altbergbaus ausgegeben worden, für einige Gebiete liegen bis heute keine Pläne oder Ideen zur Sanierung vor. Die "Gigafactory" beinhaltet bei Weitem nicht nur den Ausbau von Erneuerbaren Energien. Auch deshalb müssen die Transformationsbestrebungen und Investitionen der LEAG in erneuerbare Energien im Rahmen des Projekts kritisch begleitet werden. Es muss sichergestellt werden, das die LEAG ihren Sanierungspflichten nachkommt.
Bei einem vorgezogenen Kohleausstieg muss in den Blick genommen werden, inwieweit die in den nächsten Jahrzehnten anstehenden Sanierungen finanziert werden. Auf gar keinen Fall dürfen, zusätzlich zu den Altlasten der DDR-Tagebaue, auch noch die Tagebaue der LEAG aus Steuergeldern saniert werden.
Es ist sicherzustellen, dass die LEAG sich dafür nicht aus der Affäre ziehen kann. Sollten die ambitionierten Pläne der LEAG, eine sogenannte „Gigafactory“ auf den Weg zu bringen, bei der Erneuerbare Energien in nennenswerten Größenordnungen produziert werden, gelingen, müssen auch diese Einnahmen für die Sanierung der Gebiete zur Verfügung stehen.
Grundsätzlich begrüßen wir es, dass auch der Bergbaubetreiber Erneuerbare Energie produzieren will. Trotzdem müssen die Transformationsbestrebungen und Investitionen der LEAG kritisch begleitet werden und sicher gestellt werden, dass die LEAG ihren Sanierungspflichten nachkommt. Die "Gigawattfactory" beinhaltet bei Weitem nicht nur den Ausbau von Erneuerbaren Energien.
Wasserstoffwirtschaft rasch aufbauen
Die Lausitz ist und bleibt eine Energieregion! Es gilt die Flächen und die bestehende Netzinfrastruktur endlich grün zu nutzen. Wir wollen Solar- und Windenergie nicht nur auf ehemaligen Tagebauflächen, sondern auch dort, wo die Kohle im Boden bleibt.
Mit dem derzeit entstehenden Referenzkraftwerk wird die grüne Zukunft bereits sichtbar: grüne Energien, wie grüner Wasserstoff, liefern verlässlich, sauber und günstig Energie für Kommunen und Betriebe. Ganz Brandenburg wird somit eine Land für grüne Energien: grüner Wasserstoff aus der Uckermark liefert die Energie für Batterierecycling und Wärmepumpenproduktion in der Lausitz. So stärken wir die Stoffkreisläufe, schaffen neue hoch qualifizierte Industriejobs und bringen den Strukturwandel voran.
Von Erdgas als einer "Brückentechnologie" zu sprechen ist falsch und fahrlässig!
Als Brandenburger Bündnisgrüne setzen wir uns für folgende Ziele und Maßnahmen ein:
- Die weitere Klimapolitik in Brandenburg sollte den Budgetansatz als Grundlage für alle weiteren Maßnahmen nehmen. Wir fordern ein Klimaschutzgesetz für Brandenburg, das die Einhaltung der 1,5°C-Grenze sichert!
-Es ist entscheidend für den 1,5°-Pfad, dass mit dem auf 2030 vorgezogenen Kohleausstieg Kohle unter der Erde bleibt. Dabei sollte die abgebaggerte Kohlemenge so festgelegt werden, dass die Einhaltung der 1,5°C-Grenze sichergestellt wird. Nachdem in der Energiekrise Kohlekraftwerke stärker laufen mussten, um die Versorgungssicherheit zu garantieren, gilt es jetzt, die Nutzung der klimaschädlichen Kohle wo es nur geht zu reduzieren und CO2-Emmissionen einzusparen
- Das durch den Kohleabbau gefährdete Dorf Miłoraz/Mühlrose in Sachsen muss erhalten bleiben.
-Bei den Verhandlungen über einen vorgezogenen Kohleausstieg muss insbesondere die Frage der Ewigkeitskosten bedacht werden. Es liegt in der Verantwortung der Unternehmen hier entsprechende Mittel zurückzustellen.
-Für den Kohleausstieg 2030 dürfen keine Steuergelder als Entschädigung an Braunkohleunternehmen fließen.
-Der Bund muss mit den Beschäftigten in der Kohle und den Kraftwerken sowie mit beiden Landesregierungen Landesregierungen einen Pfad aufzeigen, um das Kraftwerk Schwarze Pumpe und die sächsischen Kraftwerke in Boxberg und Lippendorf bis spätestens 2030 vom Netz zu nehmen. Hierbei muss ein 1,5°C-kompatibler Pfad eingeschlagen werden. Jüngste Studien belegen, dass selbst der Kohleausstieg 2030 zu spät ist, um die Klimaziele zu erreichen. Es braucht eine kontinuierliche, jährliche Drosselung der Kraftwerke, die auch einen längeren Erhalt der Arbeitsplätze bedeuten würde.
- Jegliche Braunkohle, die aus Gründen der Versorgungssicherheit früher als geplant verstromt wurde, darf hinten raus nicht zu einer Erhöhung der Gesamtkohlemenge führen, sondern muss später eingespart werden. Ein früherer Kohleausstieg soll auch damit einhergehen, dass die Mittel für die Transformation entsprechend früher zur Verfügung stehen und flexibilisiert werden.
- Bund, Land und Kommunen tragen gemeinsam die Verantwortung, mit der Region und den betroffenen Arbeitenden den Kohleausstieg 2030 vorzubereiten. Dazu sind klare Perspektiven und Planungssicherheit notwendig. Kooperationen wie die zwischen LEAG und DB zeigen, wie der Strukurwandel konkret aus der Sicht der Arbeitenden funktionieren kann. Gleichzeitig herrscht in der Region ein großer Fachkräftemangel vor - das ist inzwischen eine der größten Herausforderungen des Strukturwandels. Nur ein ganzheitlicher Strukturwandelprozess, der neben Arbeitsplätzen auch andere Aspekte in den Blick nimmt, kann gelingen.
- Um der Thematik der grundlastfähigen Energieversorgung zu begegnen, müssen wir den Fokus auf eine schnelle Realisierung der Sektorkopplung legen. Dafür ist eine beschleunigte Digitalisierung nötig, damit alle Sektoren intelligent verschaltet werden können. In diesem Rahmen müssen Speichertechnologien untersucht werden, die sich als Ergänzung in Brandenburg eignen und zur flexiblen Nutzung des Stromes eingesetzt werden können. Das braucht einen beschleunigten Ausbau der Infrastruktur für erneuerbare Energien, von der Erzeugung bis Speicherung.
- Neue Kraftwerke sind für die Versorgungssicherheit genauso notwendig wie für die Sicherung der Arbeitsplätze im Kraftwerksbereich. Doch müssen sich diese Kraftwerke an der Zukunft der grünen Energieversorgung orientieren. Dafür ist grüner Wasserstoff der Schlüssel. Wir wollen weg von fossilen Brennstoffen.
- Bei der Sanierung der Tagebaue der LEAG darf der Konzern als Braunkohlebetreiber auf keinen Fall aus seiner bergrechtlichen Pflicht entlassen werden. Er hat die Mittel dafür zurückzustellen, die vollkommene Sanierung der Flächen zu finanzieren.
- Die Transformation der ehemaligen Tagebaue hin zu einer neuen Nutzung (bspw. Seen) muss an die Herausforderungen des Klimawandels, insbesondere der Wasserknappheit angepasst werden. Das bedeutet für uns Flächen mit einem großen ökologischen Mehrwert zu schaffen.
- Alternativ muss geprüft werden, ob sich alte Kraftwerksstandort als zukünftige Speicherstandorte eignen, weil dort bereits eine Netzanschluss-Infrastruktur in Form von leistungsfähigen Einspeisepunkten vorherrscht, die für Speichertechnologien genutzt werden kann.
Brandenburg muss Klimaland werden.
Als Brandenburger Bündnisgrüne in Regierungsverantwortung werden wir sofort alle notwendigen Schritte einleiten, um unserer Verantwortung zur Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze gerecht zu werden.
Glossar:
1,5-Grad-Grenze = Hauptergebnis des Pariser Klimaabkommens, das die globale Erderwärmung durch die Klimakrise auf maximal 1,5°C begrenzen möchte
Planungssicherheit = Sicherheit für Menschen, die von Veränderungsprozessen betroffen sind, dass sie z. B. nach dem Stopp von Kohleverstromung auch weiterhin noch eine Arbeit in der Region haben
LEAG = Energieunternehmen in der Lausitz, das Bergbau betreibt, (Kohle-)Kraftwerke unterhält und mit dem Vertrieb Geld verdient
Entschädigungszahlungen = Gelder, die als Ausgleich an z. B. ein Unternehmen gezahlt werden, wenn es durch rechtliche Bestimmungen finanzielle Nachteile erfährt
Versorgungssicherheit = die Sicherheit, dass das Stromnetz zuverlässig und durchgängig funktioniert
Transformationsbestrebungen = Ziele, etwas zu verändern
Megawatt = Physikalische Maßeinheit für einen Energieumsatz pro Zeitspanne, 1 Megawatt sind 1 Million Watt
GWh = Gigawattstunden
Brückentechnologie = von einigen als Zwischenlösung propagierte Technologie, um die Umstellung von fossilen Energien auf erneuerbare Energien zu überbrücken
Ewigkeitslasten = Sanierungsmaßnahmen, die über mehrere Generationen fortgeführt werden müssen. Die Kosten müssen die Kohlekraftwerksbetreiber tragen.
Sektorkopplung = Die intelligente Vernetzung der Sektoren Strom, Verkehr, Industrie und Wärme, zum Zwecke der Dekarbonisierung.
Grundlastfähigkeit = die dauerhafte und verlässliche Bereitstellung einer bestimmten Menge von elektrischen Energie.