Antragsteller*in: | LAG Bildung (dort beschlossen am: 25.04.2023) |
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Verfahrensvorschlag: | Abstimmung |
D1: Bildungskrise konsequent bekämpfen!
Antragstext
Die gravierenden Probleme im Bildungsbereich, insbesondere der deutlich präsente Lehrkräftemangel, haben zu einer veritablen Krise geführt. In der Konsequenz ist Bildungsministerin Britta Ernst am 17.04.2023 überraschend von ihrem Amt zurückgetreten. Als Grund nannte sie den fehlenden Rückhalt in der SPD-Fraktion für ihre Pläne zur Sicherung der Unterrichtsversorgung.
In Brandenburg werden in den nächsten zehn Jahren rund 12.500 Lehrkräfte – 60 Prozent der Lehrerschaft – altersbedingt aus dem Schuldienst ausscheiden. Erstmals werden im kommenden Schuljahr voraussichtlich die mindestens erforderlichen 1800 Stellen für Lehrkräfte nicht alle besetzt werden können. Auch der Markt für Seiteneinsteiger*innen ist weitgehend leergefegt. Ursache für diesen Mangel sind einerseits die Versäumnisse der letzten Jahre, als unter rot-rot viel zu wenig Lehrkräfte ausgebildet wurden, andererseits auch der demografische Wandel, der sich deutschlandweit bemerkbar macht.
Um diesem Mangel zu begegnen, plante Britta Ernst, 200 Lehrkräftestellen nach einem komplizierten Verfahren zu streichen und sie anschließend in Stellen für Schulassistenzen und Schulsozialarbeit umzuwandeln. Die Kürzungen sollten insbesondere die Zusatzausstattung an Schulen für Gemeinsames Lernen, Ganztag, Förderunterricht oder Schulzentren betreffen. Sie würden also gerade da Folgen haben, wo Kinder mit besonderem Förderbedarf lernen oder wo sich Schulen auf den Weg machen, neue Wege zu gehen. Das wirkt demotivierend auf die betroffenen Schulen und verstärkt die Bildungsungerechtigkeit im Land.
Wir Bündnisgrüne wollen Schule neu denken. Wir wollen eine Schule für alle Kinder, in der jedes Kind individuell gefördert und gefordert wird, so dass es sich bestmöglich entwickeln kann. In unserem Wahlprogramm für die Landtagswahl 2024 werden wir unsere mittel- und langfristigen Konzepte für die Bildungspolitik in Brandenburg vorstellen, die sich den Erfordernissen der heutigen Zeit stellt und Kinder auf die Herausforderung von morgen vorbereitet.
Kurzfristig fordern wir zur Bekämpfung der aktuellen Krise vom designierten neuen Minister für Bildung, Jugend und Sport Steffen Freiberg:
- In einer „Task Force“ mit Vertreter*innen der Schüler- und Elternschaft, Expert*innen zu Bildungsfragen sowie Akteur*innen aus der Schulpraxis und Gewerkschaften werden gemeinsam die nächsten Schritte vereinbart, um sofort den dringlichsten Problemen entgegenzutreten.
- Zur Sicherung der Lehrkräfteversorgung insbesondere in ländlichen Regionen soll unverzüglich ein Konzept vorgelegt werden. Die Pläne, 200 Lehrkräftestellen dauerhaft zu streichen, sind zurückzunehmen. Es sollen weiterhin größtmögliche Anstrengungen unternommen werden, alle Lehrkräftestellen zu besetzen.
- Die im Koalitionsvertrag vereinbarten 400 Stellen für multiprofessionelle Teams sollen umgesetzt werden. Das bedeutet, zusätzlich zu den im Haushalt bereits vorgesehenen 185 Stellen für multiprofessionelle Teams mindestens 215 zusätzliche Schulassistenzen (Schulsozialarbeit, Schulpsychologie, Schulgesundheitsfachkräfte, IT-Administrator*innen, Verwaltungsfachkräfte, Therapeut*innen, Lernbegleiter*innen) geschaffen werden.
- Die Obergrenzen für die Klassenfrequenzen sollen nicht erhöht werden. Insbesondere an den Schulen für Gemeinsames Lernen sind die Richtwerte streng einzuhalten. Die Lehrkräfte-Schüler*innen-Relation soll unangetastet bleiben.
- Für Lehrkräfte sollen attraktive Anreize geschaffen werden, zusätzliche Stunden zu übernehmen oder über den Ruhestand hinaus weiter zu unterrichten. Der Ausgleich kann über Lebensarbeitszeitkonten oder Bezahlung erfolgen.
- Kommunen und Schulträger insbesondere in ländlichen Regionen sollen bei der Gewinnung von Lehrpersonal unterstützt werden. Anreize können z. B. Bereitstellung von Wohnraum, Unterstützung bei der Jobsuche der Partner*innen, Tickets für den ÖPNV und Bereitstellung von Kitaplätzen sein.
- Die Lehramtsausbildung soll reformiert werden. Sowohl die Zahl der Plätze als auch die Zahl der Absolvent*innen muss erhöht werden. Das Lehramtsstudium muss praxisnäher und inklusiver werden. Die Anteile an Pädagogik, Psychologie, Didaktik, Methodik sind zu erhöhen. Masterstudiengang und Referendariat sind zu einer Phase zusammenzufassen. Dadurch wird die Ausbildungszeit der fachlichen Ausbildung kürzer und die Qualität der praktischen Ausbildung gesteigert.
- Zur Realisierung insbesondere der Punkte 1 bis 5 fordern wir schnellstmöglich eine mindestens 1-tägige Veranstaltung (z. B. im LISUM), an der alle Bildungsexpert*innen aus Theorie, Praxis und Politik beteiligt werden.
- Für die ebenfalls zügig zu planenden Gespräche und Vereinbarungen einerseits mit Kommunen und Schulträgern und andererseits mit dem Wissenschafts-Ministerium (MWFK) sollen ebenso die entsprechenden Koalitions-Bildungs-ExpertInnen beteiligt werden.
Begründung
Es gilt jetzt zügig und mit Nachdruck ein entschiedenes Krisenmanagement in der Brandenburger Bildungspolitik einzufordern. Das kommende KiTa- und Schuljahr wird zurzeit vorbereitet, ein Zeitverzug ist nicht zu verantworten. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, mit dem Nachfolger, Steffen Freiberg, Gespräche zu führen, damit es kein "Weiter so" im Brandenburger Bildungsministerium gibt.
Unterstützer*innen
- Beatrice Philipp-Habicht (KV Teltow-Fläming)
- Barbara Brecht-Hadraschek (KV Barnim)
- Steffi Bernsee (KV Barnim)
- Alice Sarah Polzer-Storek (KV Barnim)
- Katja Hoyer (KV Barnim)
- Janko Brett (KV Barnim)
- Kevin Falkenthal (KV Barnim)
- Christian Göritz-Vorhof (KV Märkisch-Oderland)
- Sophie Bischof (BV Bundesverband)
- Mathias Will (KV Märkisch-Oderland)
- Kay Patzwald (KV Barnim)
- Stefan Stahlbaum (KV Barnim)
- Cindy Fehle (KV Oberhavel)
- Rüdiger Haas (KV Märkisch-Oderland)
- Anja Richter (KV Märkisch-Oderland)
- Patrick Telligmann (KV Uckermark)
- Linda Weiß (KV Oberhavel)
- Susanne Mosch (KV Oberhavel)
- Katharina Schreyer (KV Barnim)
- Rosa Hurm (KV Potsdam)
- Stefan Rikken (KV Uckermark)
- Erdmute Scheufele (KV Oder-Spree)
- Maximilian Kowol (KV Ostprignitz-Ruppin)
- Torsten Wiebke (KV Barnim)
- Regina Satzer (KV Barnim)
Kommentare
Rüdiger Haas: