Antragsteller*in: | LAG Soziales, Gesundheit und Arbeit (dort beschlossen am: 19.10.2022) |
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15. V22: Vergaben ökologisch, sozial und innovativ gestalten – Tariftreueregelung, Umweltkriterien und KMU-Förderung ins Vergabegesetz
Antragstext
Die Brandenburger Kenia-Koalition hat im Frühjahr 2021 das Vergabegesetz geändert. Bestehende Umweltkriterien wurden für die Landesebene verpflichtend und der Vergabemindestlohn wurde auf 13€/h angehoben. Im Koalitionsvertrag sind aber weitere Vorhaben verankert, die jetzt angegangen werden müssen, damit sie in dieser Legislatur noch umgesetzt werden können.
Bündnis 90/Die Grünen Brandenburg fordern deshalb:
- Umweltkriterien verpflichtend für alle Ebenen!
Durch die Stärkung der Umweltkriterien im März 2021 wurden diese für die Landesebene verpflichtend. Wir wollen diese auch für die kommunale Ebene verpflichtend einführen. Denn auch hier gilt: wer billig kauft, kauft zweimal. Statt nur auf die Anschaffungskosten zu schauen, muss eine Lebenszyklusbetrachtung Einzug halten, die u.a. Betriebs- und Entsorgungskosten mit einbezieht. Studien zeigen: Höhere Anschaffungskosten für ökologisch nachhaltigere und/oder energiesparsamere können über die Nutzungsdauer mehr als kompensiert werden. Das ist nicht nur ökologisch, sondern auch finanziell nachhaltige Beschaffungspolitik.
- Tariftreueregelung verankern!
Immer mehr Bundesländer haben Tariftreueregelungen in ihren Vergabegesetzen verankert. Am weitesten sind das Saarland und das Land Berlin. Auch in Brandenburg soll gelten: Wer im Auftrag des Landes Brandenburg arbeitet, soll nicht nur den Vergabemindestlohn erhalten, sondern nach Tarif bezahlt werden! Da Brandenburg und Berlin ein mehr oder weniger einheitliches Tarifgebiet bilden, sollte sich Brandenburg am Berliner Modell orientieren und auf dessen Vorarbeit aufbauen.
- KMU und Start-Ups besser berücksichtigen!
Öffentliche Ausschreibungen in Brandenburg sollen die Teilnahmechancen von KMU und Start-Ups weiter verbessern und bestehende strukturelle Wettbewerbsnachteile gegenüber großen und/oder seit langem an öffentlichen Ausschreibungen teilnehmenden Unternehmen ausgleichen. Die bereits im Brandenburgischen Mittelstandsförderungsgesetz (§5 BbgMFG) geregelte Aufteilung großer Aufträge in mehrere Lose und die Quote für die Berücksichtigung von KMU muss verbindlicher ausgestaltet und nachgehalten werden. Zudem muss es für pauschal/standardisiert geforderte Eignungskriterien (wie Referenzen, Mindestjahreszahl betrieblicher Praxis und Zertifizierungen) Ausnahmeregelungen oder Ersatztatbestände geben. Diese müssen mit vertretbarem Aufwand nachzuweisen sein und sich am Auftragsgegenstand orientieren. Qualität und Eignung des Angebots sollten für die Auswahl ausschlaggebend sein.
- ILO-Kernarbeitsnormen aufnehmen!
Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO), zuständig für die Formulierung und Durchsetzung internationaler Arbeits- und Sozialstandards, hat Mindeststandards in den sogenannten Kernarbeitsnormen festgelegt. Für bestimmte Produkte, wie Kaffee, Naturstein‑, Holz- oder Baumwollprodukte, muss der Nachweis über die Einhaltung der Kernarbeitsnormen ab einer Auftragsgröße von z.B. 10.000 € im Vergabegesetz als Bedingung festgelegt werden.
- Verpflichtende Übernahme von Personal beim Wechsel des Auftragnehmers im ÖPNV!
Der Wettbewerb bei ÖPNV-Ausschreibungen darf nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden! Neue Anbieter dürfen nicht mit schlechteren Arbeitsbedingungen und geringeren Löhnen die Bestandsanbieter unterbieten. Um dies zu gewährleisten muss eine Klarstellung ins Vergabegesetz, dass bei Wechseln der Auftragnehmer im ÖPNV das Personal zu übernehmen ist.
- Digitale Souveränität bei der Hard- und Software-Beschaffung!
Staatliche Stellen müssen bei der Beschaffung von Hard- und Software endlich nachhaltig sicherstellen, dass sie dauerhaft souverän über ihren Technikeinsatz bestimmen können. Dafür müssen verbindliche Standards für offene und standardisierte Schnittstellen, Quelloffenheit von Software und die Gewährleistung von Informationssicherheit (Update-Garantien, verschlüsselte Speicherung, Ende-zu-Ende-Verschlüsselung bei der Übertragung, restriktives Rechtemanagement etc.) festgeschrieben werden.
- Vergabekompetenz der öffentlichen Hand bündeln!
Die Komplexität des Vergaberecht steigt durch ökologische und soziale Zielsetzungen. Damit das Potential dieser Zielsetzungen auch ausgeschöpft und insbesondere kleinere Vergabestellen nicht überfordert werden, soll eine zentrale Vergabekompetenzstelle als Dienstleisterin Vergaben durchführen können. Das schont die kommunalen Personalressourcen und führt zu effizienter und effektiver Vergabepraxis. Weitere Aufgabe dieser Vergabestelle kann die Wirkungskontrolle sein, damit eine Datengrundlage darüber geschaffen wird, welche Vorgehensweisen und Anbieter sich bewährt oder umgekehrt als problematisch erwiesen haben.