Antragsteller*in: | Lydia Vogler und Patrick Telligmann (KV Barnim und Uckermark) |
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9. V7: RB63 retten - SPNV als Daseinsvorsorge für den ländlichen Raum stärken
Antragstext
Verkehrswende jetzt!
Der Klimawandel ist die größte Herausforderung unserer Zeit. Wichtig ist nun vor allem, den CO2-Ausstoß massiv zu reduzieren. Der Verkehrssektor ist in Deutschland der drittgrößte Verursacher von Treibhausgasemissionen. 96 % dieser Emissionen werden im Straßenverkehr verursacht.[1] Um Mobilität für alle zu ermöglichen und CO2 einzusparen, müssen wir weg vom Individualverkehr und hin zu guten ÖPNV-Angeboten. Diese ermöglichen Menschen in jedem Alter sowie Menschen ohne Führerschein oder Auto eine gleichwertige Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Während es in Großstädten wie Berlin umfangreiche Mobilitätsangebote gibt, bestehen außerhalb des urbanen Raumes und vor allem im ländlichen Brandenburg deutliche Versorgungslücken, die schnellstmöglich geschlossen werden müssen.
RB63 als Beispiel
Die Linie RB63 verband bis 2019 als Stichstrecke in eine Sackgasse ausschließlich Eberswalde und Joachimsthal (Barnim). Sie ist seit 2019 im Rahmen eines Probebetrieb bis nach Templin Stadt (Uckermark) verlängert. Mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2022 soll der Probebetrieb enden, ohne dass es bisher eine sinnvolle Nachfolgelösung gibt. Als Gründe gegen eine Weiterführung des Angebotes werden eine zu geringe Nachfrage und die Unwirtschaftlichkeit des Betriebes angeführt. Eine Sanierung der Strecke ist dringend notwendig, um einen sicheren Zugbetrieb weiterhin zu gewährleisten. Um eine Sperrung des Streckenabschnittes Joachimsthal – Templin zu verhindern, muss bereits Anfang 2023 mit dem Tausch von Schwellen begonnen werden.
Daseinsvorsorge sichern
Zwar konnten die vom MIL (Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung Brandenburg) als Schwellenwert angestrebten Fahrgastzahlen während des Probebetriebs der RB63 nicht erreicht werden, daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass ein Weiterbetrieb der Bahnstrecke deshalb nicht sinnvoll sei. Zum einen kann von geringeren Fahrgastzahlen aufgrund der Corona-Pandemie ausgegangen werden, zum anderen stellt die Strecke in ihrem jetzigen Zustand kein ausreichend attraktives Angebot dar. Langsamfahrstellen verursachen lange Reisezeiten, schlecht abgestimmte Anschlüsse in Eberswalde und Templin führen zu nervigen Wartezeiten und der Zwei-Stunden-Takt bietet nicht die notwendige Flexibilität. Um die Auslastung der Züge zu verbessern, muss zunächst das Angebot so ausgestaltet werden, dass es eine attraktive Alternative zu anderen Verkehrsmitteln darstellt. Die RB63 steht exemplarisch für den Anspruch des ländlichen Raums auf gleichwertige Lebensbedingungen, Teilhabe und Mobilität. Dies
zu ermöglichen, sollte der Maßstab der Landesregierung sein. Der alleinige Blick auf Fahrgastzahlen und Wirtschaftlichkeit ist nicht ausreichend, um einen Weiterbetrieb der Bahnlinie abzulehnen!
Biosphärenreservat als nachhaltige Tourismusdestination
Die auch als „Schorfheide-Bahn“ bekannte Bahnlinie fährt mitten durch das Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin. Durch die Gestaltung der Bahnhöfe als touristische Willkommensbahnhöfe und die gezielte Einbindung der RB63 in Programmplanungen könnte das touristische Potenzial der Region besser ausgeschöpft werden. Die Einführung der in der Uckermark geplanten „Gästekarte" könnte den Betrieb der RB63 zudem mitfinanzieren. Für eine geringe Abgabe pro Übernachtung wäre eine freie Nutzung des ÖPNV möglich. Das Biosphärenreservat ist nach Definition der UNESCO eine Modellregion für Nachhaltigkeit. In einer solchen Region darf es nicht an einem nachhaltigen Mobilitätsangebot auf der Schiene fehlen!
Netzwirkung und Verbesserung des Angebots
Durch eine kurzzeitige Sperrung der Strecke könnten die notwendigen Instandsetzungen schnell durchgeführt werden, die Fahrtzeit könnte sich dadurch deutlich verkürzen. Auch ein Tausch der Schwellen unter rollendem Betrieb wäre denkbar. Ist die Strecke erst einmal erneuert und digitalisiert, sinken auch die Betriebs- und Instandhaltungskosten, was die Wirtschaftlichkeit erhöht. Eine Durchbindung der RB12 (Berlin-Ostkreuz – Löwenberg (OHV) – Templin) bis Eberswalde würde eine Ost-West-Verbindung zwischen den Hauptstrecken RE3 und RE5 schaffen und die Orte im ländlichen Raum deutlich besser vernetzen. Nebenstrecken machen Regionalexpresslinien erst erfolgreich, da sie die Menschen zu den Hauptverkehrsachsen bringen. Ein 60-minütiger Takt auf dieser Strecke wäre nach deren Ertüchtigung laut der Betreibergesellschaft NEB ab Dezember 2024 mit umweltfreundlichen batterieelektrischen Fahrzeugen möglich. So würde die Klimabilanz pro Fahrgast nicht nur durch eine höhere Auslastung und Nachfrage
der attraktiveren Bahnlinie, sondern auch durch klimafreundlich betriebene Züge verbessert.
Wo Schienen liegen, müssen Züge fahren!
Wo eine Schiene liegt, sollte auch ein Zug fahren. Neben der RB63 waren und sind weitere Bahnlinien in Brandenburg, wie bspw. die RB73 und RB74 in der Prignitz, immer wieder von der Stilllegung bedroht. Für die Verkehrswende ist die Bahninfrastruktur essentiell. Bestehende Strecken müssen genutzt werden. Der Betrieb auf Bahnlinien sollte keinesfalls eingestellt oder gar Strecken zurückgebaut werden. Ein Busverkehr wird niemals einen Zug ersetzen können, man denke nur an den Transport von Fahrrädern, Rollstühlen oder Kinderwagen oder an die Möglichkeit im Zug zu arbeiten. Weitere Nachteile sind die geringere Verkehrssicherheit und eine größere Abhängigkeit vom Straßenverkehr mit Staus, Sperrungen und Umleitungen. Die Schiene ist das Rückgrat der Mobilität, weitere Verkehrsmittel wie Bus- und Radverkehr flankieren den Zugverkehr und sind eine sinnvolle Ergänzung.
Betrieb verlängern und tragfähige langfristige Perspektiven schaffen!
In Bezug auf die RB63 fordern wir die Landesregierung auf, sich schnellstmöglich um eine sinnvolle Anschlusslösung an den Probebetrieb zu bemühen. Hierfür müssen die Strecke ertüchtigt und die Langsamfahrstellen beseitigt werden. Zudem muss durch eine Verbesserung der Taktung die Attraktivität der Strecke für die Menschen erhöht werden. Damit werden auch die Fahrgastzahlen steigen. Die Menschen im ländlichen Raum sollen nicht länger um den Erhalt ihrer Bahnstrecke bangen müssen. Nachhaltige Mobilität muss für alle zugänglich sein! Dazu gehören auch die Schaffung von guten Zugängen zu den Bahnhöfen, Barrierefreiheit, Bike&Ride, Park&Ride sowie gute Busanbindungen durch die Kommunen. Im Gegenzug könnte der Anteil der Kommunen an der Finanzierung des Probebetriebes reduziert werden.
Konkret fordern wir:
- Schienen, die bereits liegen, sollen ertüchtigt und befahren werden
- Keine weitere Stilllegung von Strecken im ländlichen Raum
- Eine Grundsatzentscheidung für die Infrastruktursanierung und den Stundentakt zwischen Templin und Eberswalde
- Ein verbessertes Angebot der RB63 mit geringeren Reisezeiten und sinnvollen Anschlüssen in Templin und Eberswalde
- Auswahl von Kreuzungsbahnhöfen im Hinblick auf eine Durchbindung der RB12 bis Eberswalde
- Grundsätzlich müssen Angebote des SPNV verbessert werden, um die Attraktivität zu erhöhen und Teilhabe zu ermöglichen. Dazu gehören die Beseitigung von Langsamfahrstellen, Verkürzung der Reisezeiten, attraktive Umstiegsangebote, Vernetzung der Bahnlinien, eine Taktung, die der Lebensrealität der Menschen entspricht und eine Elektrifizierung der Strecken, kombinierte batterieelektische Betriebe oder Wasserstoffantriebe
- Eine Landesregierung, die die Zeichen der Zeit erkannt hat, kann es nicht zulassen, dass Zugstrecken als Sinnbild der Mobilitätswende stillgelegt werden!
[1]https://www.ndr.de/ratgeber/klimawandel/CO2-Ausstoss-in-Deutschland-Sektoren,kohlendioxid146.html. Zuletzt abgerufen am 23.09.2022
Begründung
Mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2022 soll der Probebetrieb der RB63 enden, ohne dass es bisher eine sinnvolle Nachfolgelösung gibt. Eine Sanierung der Strecke ist dringend notwendig, um einen sicheren Zugbetrieb weiterhin zu gewährleisten. Um eine Sperrung des Streckenabschnittes Joachimsthal – Templin zu verhindern, muss bereits Anfang 2023 mit dem Tausch von Schwellen begonnen werden. Daher muss sich die Landesregierung schnellstmöglich um eine sinnvolle Anschlusslösung an den Probebetrieb bemühen. Es müssen auch im Bereich der Mobilität gleichwertige Lebensbedingungen im ländlichen Raum hergestellt und Teilhabe ermöglicht werden.
Unterstützer*innen
- Birgit Bader (KV Uckermark)
- Gisbert Amm (KV Barnim)
- Stefan Rikken (KV Uckermark)
- Sebastian Gellert (KV Barnim)
- Michael Kellner (KV Uckermark)
- Alice Sarah Polzer-Storek (KV Barnim)
- Ines Lehmann-Günther (KV Uckermark)
- Torsten Wiebke (KV Barnim)
- Barbara Ebert-de Wit (KV Uckermark)