Antragsteller*in: | Landesarbeitsgemeinschaft Kinder, Jugend und Familie (dort beschlossen am: 14.10.2022) |
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14. V4: Kita - Rechtsreform Land Brandenburg
Antragstext
Die LDK möge beschließen:
Der Landesvorstand von Bündnis 90/Die Grünen Brandenburg wird beauftragt, sich für die unverzügliche Wiederaufnahme des Kita-Rechtsreform-Prozesses mit dem Ziel einzusetzen, dass die Novellierung noch in dieser Wahlperiode abgeschlossen wird.
Zudem fordern wir, eine konstruktive und klare Gesprächskultur zwischen Vertreter*innen der Landkreise und kreisfreien Städte und der Landesregierung zu fördern und zu steuern.
Begründung
Das Brandenburger Kitagesetz ist eines der kompliziertesten Kitagesetze bundesweit. Es ist regelmäßiger Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen zwischen Eltern und Kommunen sowie zwischen Trägern und Kommunen. Das KitaG und seine untergesetzlichen Normen und Vorschriften werden als rechtswidrig eingeordnet. Das Gesetz ist intransparent, in sich nicht schlüssig und bietet den Beteiligten nicht – wie erforderlich – ein ausreichendes Maß an Rechtssicherheit. Es ist ein Rechtsunsicherheitsgesetz. Die Abrechenbarkeit von Betriebskosten ist nicht ausreichend bestimmt geregelt, so dass die Bemessungsgrundlage der Elternbeitragssatzungen je nach Methodik von Kommune zu Kommune unterschiedlich ausfällt. In Senftenberg werden höhere Elternbeiträge erhoben als in Frankfurt (Oder) und dass, obwohl die sozioökonomischen Verhältnisse ähnlich sind. Das führt zu Frust bei den Eltern, aber auch bei den Trägern der Kindertageseinrichtungen, denn diese werden von den Kommunen zum Teil unter abenteuerlichen Argumenten gezwungen, die (Haushalts-)Vorgaben der Kommunen einzuhalten. Zum Teil werden die Vorgaben des KitaG auch vollständig umgangen, um z.B. Leistungsvereinbarungen zwischen den örtlichen Trägern und freien Trägern zu schließen, die so gar nicht im KitaG vorgesehen sind. Wir haben es mit einer außerrechtlichen Parallelwelt in Brandenburg zu tun, in der versucht wird, Lösungen zu finden, die sich im KitaG so nicht finden lassen. Das KitaG ist nicht nur alt geworden; es war auch niemals funktional.
Im Februar 2020 begann ein hoffnungsvoller Prozess zu einer grundlegenden Reform des Kindertagesstättenrechts. In verschiedenen Arbeitsgruppen beteiligten sich Vertreterinnen und Vertreter der örtlichen Träger, der Gemeinden, der Aufsichtsbehörden und der freien Träger. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppen wurde im Herbst 2021 an das Fachministerium übergeben. Im März 2022 kam dann der abrupte Abbruch des Prozesses, veranlasst durch einen einzigen Protagonisten des Prozesses.
Das Ziel und die Chancen, im Prozess der Kita-Rechtsreform das Brandenburger Kitagesetz transparenter und unbürokratischer zu gestalten, waren damit gescheitert, nachdem teilweise Vertreter*innen der Landkreise gegenüber der Landesregierung signalisiert hatten, dass sie sich aufgrund von Überlastung nicht mehr weiter am Prozess der Kita-Rechtsreform beteiligen werden. Im Nachgang zeichnete sich zunehmend ab, dass es wohl eher die Tatsache als Hemmungsgrund angesehen wurde, dass die Reformierung des Kitarechts nicht kostenneutral zustandekommen könne.
Aus unserer Sicht ist der bestehende Zustand nicht länger hinnehmbar und es ist wichtig, die gemeinsamen Gespräche wieder aufzunehmen und zu Ende zu führen.
Dabei soll das Augenmerk besonders auf die Herstellung von Rechtssicherheit, Transparenz und Gleichheit bei der Vereinnahmung von Elternbeiträgen, aber auch bei der Abrechnung der Betriebskosten gerichtet werden. Die zu verabschiedende Reform ist auch kostenmäßig über einen gewissen Zeitraum zu unterlegen.
Das Bemühen um Kostenneutralität kann zumindest für einen beschränkten Zeitraum hingenommen werden; Wir räumen einer rechtmäßigen Elternbeitragserhebung aber Vorrang ein. Geringere, aber rechtmäßig erhobene Elternbeiträge können logisch nicht kostenneutral sein.
Unabhängig von der Kitarechtsreform begrüßen wir die Maßnahmen der Landesregierung zur Verbesserung der Qualität der frühkindlichen Bildung sowie der finanziellen Entlastung von Eltern. So wurden ab 1.8.2020 die Personalbemessungsschlüssel für die Drei - Sechsjährigen von 1:11 auf 1:10 verbessert. Mit den zusätzlich bereitgestellten Landesmitteln von rund 41 Mio Euro jährlich können bis zu 650 zusätzliche Erzieher*innen eingesetzt werden.
Seit 1.8.2022 ist der Schlüssel für die Unterdreijährigen von 1:5 auf 1:4,65 verbessert. Dies kostet jährlich rund 29 Mio Euro jährlich. Die Zahl der Erzieher*innen erhöht sich dadurch um ca. 470.
Weitere Verbesserungen der Schlüssel für die Unterdreijährigen werden folgen. In zwei Schritten wird der Schlüssel auf 1:4 verbessert. Das kostet weitere 71 Mio Euro jährlich, Die Zahl der Erzieher*innen wird damit um 1.050 weiter steigen.
Auch wenn derzeit geplant ist ab 1.8.2023 das vorletzte und ab 1.8.2024 das vorvorletzte Kitajhr beitragsfrei zu stellen, fordern wir eine Rückstellung der Beitragsfreiheit zugunsten einer gerechten Beitragsgestaltung, die Menschen mit niedrigen Einkommen entlastet. Die Beitragsfreiheit würde voraussichtlich insgesamt 72 Mio Euro jährlich zusätzlich an Landesmitteln erfordern. Diese Mittel brauchen wir dringend für eine intensive Fachkräfteoffensive und weitere Qualitätsverbesserungen, um die große Lücke an Fachkräften die es jetzt schon und in den nächsten Jahren noch viel größer geben wird zu verkleiner bzw. zu schließen.