Antragsteller*in: | LAG Ökologie und Tierschutz (dort beschlossen am: 17.10.2022) |
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7. V19: Jetzt den Umgang mit den Wasserressourcen strategisch ausrichten und die Wasserkrise verhindern!
Antragstext
Die Klimakrise wird in Brandenburg vor allem zu einer Wasserkrise. Den rückläufigen Wasserressourcen durch ungünstige Niederschlagsverhältnisse und höhere Verdunstung steht ein größer werdender Wasserbedarf entgegen. Wir müssen jetzt die Weichen für eine nachhaltige Wasserbewirtschaftung stellen, um die Wasserressourcen für unsere und künftige Generationen zu sichern.
Deshalb fordern wir:
- Den Wasserhaushalt stabilisieren – Jetzt!
- Die Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie ist zu forcieren, um die Widerstandsfähigkeit der Gewässer gegenüber den Umwelteinflüssen zu erreichen.
- Der Fokus der Wasserwirtschaft muss verstärkt auch auf den Wasserrückhalt und die Stabilisierung des Wasserhaushaltes, insbesondere der Grundwasserneubildung gelegt werden.
- Wir brauchen eine grundlegende Reform der Genehmigungspraxis, um Verfahren zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie und den Wasserrückhalt zu beschleunigen und die knappen personellen Ressourcen effizienter einzusetzen.
- Wir fordern die Einrichtung einer Umweltagentur als Schnittstelle zwischen potenziellen Projektträger*innen und den Fördermittelvergabestellen, um die Umsetzung von Fördermaßnahmen zum Wasserrückhalt zu erleichtern.
- Für die naturnahe und klimaresiliente Entwicklung unserer Gewässer brauchen wir eine modifizierte Gewässerunterhaltung für strukturreiche Gewässer und einen verbesserten Wasserrückhalt.
- Im Moorschutz fordern wir, alle Möglichkeiten der Projektförderung auf Bundes- und EU-Ebene zu nutzen, um den Moorschutz auf ganzer Moor-Fläche umzusetzen, den Wasserrückhalt zu fördern und damit die Emissionen von Treibhausgasen aus Mooren weitgehend zu minimieren.
- Wasserressourcen schützen und Grundwasserneubildung fördern!
- Wir wollen die Grundwasserneubildung durch Waldumbau in Kiefernforsten forcieren dazu das Jagdgesetz und das Waldgesetz modernisieren.
- Wir fordern eine sparsame Wasserverwendung in Landwirtschaft und Gartenbau. Der Wasserverbrauch in der Landwirtschaft muss künftig prioritär an den Erfordernissen für die Lebensmittelproduktion ausgerichtet werden. Eine Bewässerung von Mais für Biogasanlagen darf es nicht mehr geben!
- Im Sinne der Kreislaufwirtschaft wollen wir die Wiederverwendung von gereinigtem Abwasser für bestimmte Nutzungen durch die Etablierung der vierten Reinigungsstufe in Kläranlagen ermöglichen.
- Wir fordern eine Regenwasseragentur für Brandenburg, die die Kommunen, Bürgerinnen und Bürger beraten und dabei unterstützen soll, die Starkregenvorsorge zu stärken sowie Wasserressourcen vor Ort zu sammeln und nachhaltig zu nutzen.
- Mit den verfügbaren Ressourcen nachhaltig und gerecht umgehen –Brandenburgisches Wassergesetz novellieren!
- Der Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser muss ein gesetzlicher Vorrang eingeräumt werden.
- Für den gerechten Zugang zu Wasser wollen wir in Zusammenarbeit mit den Wasserverbänden einen sozial verträglichen Staffelpreis bei der Trinkwassernutzung einführen.
- Mit einem Wassercheck (Grundwasserbilanzierung) soll künftig bereits im Vorfeld von Vorhaben geprüft werden, ob die Wasserressourcen langfristig reichen, um die Bedarfe abzudecken, ohne dass andere Nutzungen bzw. Natur und Umwelt Schaden nehmen.
- Wir wollen das Wassernutzungsentgelt anheben, um Anreize für den bewussten Umgang mit Wasser zu schaffen und Privilegierungen z.B. für Bergbaubetreibende und die Landwirtschaft schrittweise reduzieren.
- Genehmigungen zur Wasserentnahme sollen, wie andere Genehmigungen auch, befristet erteilt werden.
- Wir wollen, dass Industrie und Gewerbe künftig verstärkt Klarwasser der Klärwerke für ihre Produktionsprozesse einsetzen.
- Die Möglichkeiten zur Erfassung und Kontrolle von Wasserentnahmen und die Ahndung von Verstößen sollen verbessert werden.
- Strategien für eine nachhaltige und zukunftsfähige Wasserwirtschaft entwickeln und umsetzen
- Für die Metropolregion Berlin-Brandenburg fordern wir eine ganzheitliche und gemeinsame Wasserstrategie 2050 mit prioritären Zwischenzielen bis 2035.
- Für die künftige Sicherung der Trinkwasserversorgung der Metropolregion Berlin-Brandenburg und die Stabilisierung der Grundwasserressourcen bedarf es auch innovativer Ansätze, wie z. B. die Grauwassernutzung in Siedlungsbereichen und Fernleitungen aus wasserreichen Gebieten, die etwa entsalztes Wasser von der Ostsee zu uns transportieren.
- Wir brauchen eine landesweite Kampagne zum sparsamen und bewussten Umgang mit der knappen Ressource Wasser.
Begründung
Die Europäische Wasserrahmenrichtlinie ist das Herzstück für den Schutz der Ressource Wasser. Sie zielt darauf ab, bei Oberflächengewässern und dem Grundwasser einen guten Zustand von Wassermenge und Wasserqualität zu erhalten bzw. wiederherzustellen. Für unsere Seen, Bäche und Flüsse ist das eine Grundvoraussetzung, um den Basisabfluss zu sichern und eine höhere Resilienz gegenüber der Klimakrise zu entwickeln. Die diesjährige Trockenheit hat wieder zum Austrocknen vieler Gewässer geführt. Der Fokus bei der Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie muss daher verstärkt auf den Wasserrückhalt und die Stabilisierung des Wasserhaushaltes gelegt werden.
Bei der Stabilisierung der Grundwasserverhältnisse geht es um Wasserrückhalt - insbesondere auf den Hochflächen - um die Grundwasserneubildung zu unterstützen und Niederschlagswasser für die sommerlichen Trockenzeiten zu speichern. Hierfür sind viele Maßnahmen im ganzen Land erforderlich, denn jahrhundertelang wurden Entwässerungssysteme geschaffen, um das Wasser wegzuschicken. Diese Systeme müssen wir deaktivieren und vermehrt auf Wasserrückhalt ausrichten.
Für die Umsetzung der Maßnahmen zum Wasserrückhalt müssen wir es potenziellen Projektträger*innen erleichtern, Förderprogramme in Anspruch zu nehmen. Wir fordern deshalb die Einrichtung einer Umweltagentur als Schnittstelle zwischen potenziellen Projektträger*innen und den Fördermittelvergabestellen wie der Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB). Damit sollen Projektträger*innen motiviert und befähigt werden, vermehrt Projekte zum Wasserrückhalt umzusetzen.
Eine Schlüsselfunktion bei der Entwicklung klimaresilienter Gewässer nimmt die Gewässerunterhaltung ein. Dies muss sich in einer modifizierten Mahd der Sohle und der Böschungen (Krautung) und Entwicklungsmaßnahmen zum Wasserrückhalt niederschlagen. Für niedrige, lebensfreundliche Wassertemperaturen in Gräben, Bächen und Stillgewässern muss die Beschattung durch Uferbepflanzungen erhalten und gefördert werden.
Moorschutz ist Wasserrückhaltund Klimaschutz! Nur nasse Moore können CO2 speichern. Deshalb wollen wir, naturnahe Moore mit hohen Wasserständen erhalten, entwässerte und ungenutzte Moore renaturieren und die landwirtschaftliche Nutzung von Moorböden klimagerecht gestalten. Dafür muss die Moorbodennutzung grundlegend verändert werden. Auf nassen Moorböden brauchen Landwirt*innen angepasste Technik zur Flächenbewirtschaftung und attraktive Verwertungs- und Absatzmöglichkeiten für Biomasse, die nicht mehr als Futter zu verwenden ist.
Die in Brandenburg weit verbreiteten Kiefernforsten verhindern durch ihre ganzjährige Verdunstung eine ausreichende Grundwasserneubildung. Deren Umwandlung in standortangepasste, klimaplastische, strukturreiche Laub-Mischwälder mit breiter Risikostreuung ist eine der Hauptaufgaben zur Stabilisierung des Grundwasserdargebotes. Eine durch waldbauliche Maßnahmen begleitete Naturverjüngung von Laubbäumen auf großen Flächen ist dafür die effektivste Methode – im Gegensatz zur teuren Zäunung kleiner Bereiche. Naturverjüngung ohne Zäunung setzt einen angepassten Bestand an Reh-, Dam- und Rotwild voraus, um die Verbiss- und Schälraten an jungen Laubbäumen auf ein verträgliches Maß zu reduzieren. Dazu brauchen wir ein modernes Jagdgesetzund ein angepasstes Waldgesetz.
Die Anpassung an zunehmende Trockenheit, Hitze und Sonneneinstrahlung, Starkregen- und Hagelereignissen wird immer mehr Voraussetzung für gute Erträge in Landwirtschaft und Gartenbau, um eine regionale Versorgung und die Wirtschaftlichkeit der Brandenburger Landwirtschaft zu gewährleisten. Wir wollen dies durch verstärkte Förderung ressourcenschonender und effektiver Bewässerungseinrichtungen und eine Beratungsoffensive mit Fokus auf den Anbau klimaangepasster und wassersparender Kulturen, der Entwicklung von Wertschöpfungsketten für klimaangepasste Kulturen und eine humusaufbauende Landwirtschaft unterstützen.
Mit der Klimakrise können wir es uns nicht mehr leisten, Wasser aus den Einzugsgebieten zu entnehmen und nach dem Gebrauch und die Behandlung in Klärwerken über die Fließgewässer zu Nord- und Ostsee abzuleiten. Um unseren Wasserhaushalt zu stabilisieren, müssen regionale Wasserkreisläufe geschlossen und Nutzungen entsprechend angepasst werden. Im Sinne der Kreislaufwirtschaft ist die Wiederverwendung von gereinigtem Abwasser für bestimmte Nutzungen ein wichtiger Schritt zum Schutz natürlicher Wasserressourcen. Deshalb wollen wir die Etablierung der vierten Reinigungsstufe in Kläranlagen, bei der Spurenstoffe aus dem Abwasser entfernt werden, mit Fokus auf Gebiete mit besonders defizitärem Gebietswasserhaushalt bzw. an Industriestandorten mit hohem Wasserverbrauch unterstützen und fördern.
Weil die Klimakrise zu einer Zunahme von Extremwetterereignissen wie Starkregen sowie Hitze- und Dürreperioden führt, muss Regenwasser muss zunehmend vor Ort gespeichert oder versickert werden und darf nicht über die Kanalisation abgeführt werden! Abgesehen von der Überlastung der Klärwerke bei Starkregenereignissen gehen immer noch wertvolle Wasserressourcen verloren. Eine Regenwasseragentur für Brandenburg soll die Kommunen beraten und dabei unterstützen, Wasserressourcen vor Ort zu sammeln und nachhaltig zu nutzen.
Wer viel verbraucht, soll mehr zahlen! Für den gerechten Zugang zu Wasser wollen wir in Zusammenarbeit mit den Wasserverbänden einen Staffelpreis bei der Trinkwassernutzung. Dabei soll die Preisbildung sozial verträglich ausgestaltet werden. Die Anwendung eines solchen Modells soll bei den Wasserverbänden aktiv beworben und ein Branchenbekenntnis erzielt werden. Die Haushalte dürfen bei der Grundversorgung mit Wasser nicht belastet werden, aber die Nutzung von Wasser über das durchschnittliche Maß hinaus muss sich im Geldbeutel bemerkbar macht. Dies soll zu einer Sensibilisierung, einem verantwortungsvollen Umgang und mehr Fairness beitragen.
Der Wassercheck auf Basis der Grundwasserbilanzierung auf regionaler ober Landesebene ist notwendig, um künftig bereits im Vorfeld von Vorhaben zur Ansiedlung von Industrie, Gewerbe oder Wohnbebauung abzusichern, dass andere Nutzungen bzw. Natur und Umwelt keinen Schaden nehmen. Damit soll auch den Investor*innen mehr Sicherheit gegeben werden, dass ihre Investitionen nicht in den Sand gesetzt werden.
Die Anhebung des Wassernutzungsentgeltes ist wichtig, um Anreize für den bewussten Umgang mit Wasser zu schaffen, den Wasserverbrauch zielgerichtet zu steuern und die materielle Basis für Maßnahmen der Wasserwirtschaft wie z.B. Renaturierungsvorhaben, Gewässerunterhaltung und Hochwasserschutz zu verbessern. Denn diese Maßnahmen werden daraus finanziert.
Genehmigungen zur Trinkwasserentnahme sollen künftig, wie andere Genehmigungen auch, befristet erteilt werden, um den Behörden die Möglichkeit zu geben, nachzusteuern, wenn sich Rahmenbedingungen der Wasserbereitstellung wesentlich ändern.
Um die Bewertungs- und Entscheidungsgrundlagen für die Wasserbehörden bei der Erteilung von Genehmigungen im Sinne einer nachhaltigen Wasserbewirtschaftung zu verbessern, soll u.a. die Datenhaltung des Wasserbuches zur Erfassung von Wasserentnahmen erweitert und optimiertwerden. Alle Wasserentnahmen sollen künftig hier aufgeführt werden und genehmigungspflichtig sein, um selbst kleinere Wassermengen zu erfassen, die sich in der Summe auch auf den Wasserhaushalt auswirken. Zusätzlich müssen die Kontrollen von Wasserentnahmen verstärkt und Verstöße geahndet werden.
Um die wertvollen Trinkwasserressourcen zu schonen wollen wir, dass Industrie und Gewerbe künftig verstärkt Klarwasser der Klärwerke für ihre Produktionsprozesse einsetzen.
Brandenburg und Berlin bilden eine Einheit im Hinblick auf eine vorausschauende und nachhaltige Wasserpolitik, die den begrenzten Wasserressourcen und dem steigenden Bedarf gerecht wird. Dies erfordert eine ganzheitliche und gemeinsame Wasserstrategie für die Metropolregion. DieHerausforderungen für die Siedlungswasserwirtschaft werden vor dem Hintergrund der Versorgungssicherheit der Bevölkerung dabei eine besondere Rolle spielen.
Eine verantwortungsvolle Wasserpolitik muss auch Visionen entwickeln! Langfristig gesehen und mit Fortschreiten von Klimakrise und Wasserknappheit in Brandenburg braucht es deshalb auch innovative Ansätze. Dabei ist die Öffentlichkeit aktiv zu beteiligen. Regionale Formate wie Bürger*innenräte zum Thema Wasser unter der Beteiligung von Expert*innen sollen zur Visionsentwicklung beitragen und gleichzeitig für das Thema sensibilisieren.
Der sparsame und sorgfältige Umgang mit unseren Wasserressourcen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Jede*r kann sofort damit beginnen. Aber nicht allen Menschen in unserem Land ist die Dramatik bewusst. Deshalb brauchen wir eine landesweite Kampagne zum sparsamen und bewussten Umgang mit der knappen Ressource Wasser. Die drohende Wasserkrise erfordert ein Umdenken in allen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereichen. Dies betrifft sowohl Industrie und Gewerbe, die Landnutzung und den Tourismus als auch jede*n Bürger*in.
Änderungsanträge
- Ä27 (Lydia Vogler (KV Barnim), Eingereicht)