In Verbindung mit Ä34
Der medizinischen Einschätzung, welche konkreten Medikamente und Therapieansätze aussichtsreich sein könnten, sollten wir nicht politisch vorgreifen. Das ist Aufgabe der medizinischen Forschung, nicht der Politik.
Antrag: | Brandenburg zur Kompetenzregion für die Versorgung des chronischen Fatique-Syndroms (ME/CFS) machen – DiReNa-Netzwerk ausbauen |
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Antragsteller*in: | Antonius Naumann (LV Grüne Jugend Brandenburg) |
Status: | Geprüft |
Eingereicht: | 08.11.2022, 21:38 |
4. Druck auf die Bundesregierung erhöhen – Zulassungsstudien für aussichtsreiche Therapien fördern:
Die Corona-Pandemie ist noch längst nicht vorbei. Etwa 10% der Infizierten leiden auch mehr als drei Monate nach ihrer Infektion unter komplexen, teils schweren gesundheitlichen Folgen, etwa Atem- und Herz-Kreislauf-Beschwerden, Konzentrations- & Gedächtnisstörungen und postviraler Fatique, dem Post-Covid-Syndrom. Ähnlich geht es Betroffenen des Post-Vakzin-Syndroms, also von Impfschäden durch die Corona-Impfung.
Was kaum bekannt ist: Ein solches Krankheitsbild wird von der WHO schon seit 53 Jahren als schwere, chronische, neuroimmunologische Erkrankung gelistet, die insbesondere nach viralen Infektionen auftritt: Die Myalgische Enzephalomyelitis bzw. das Chronische Fatique-Syndrom (ME/CFS). Kardinalsymptom dieser Erkrankung ist die ausgeprägte Belastungsintoleranz der Betroffenen, die eine konsequente Schonung notwendig macht, um eine dauerhafte Verschlimmerung der Symptome soweit möglich zu verhindern. Schon vor der Corona-Pandemie war diese Erkrankung mit deutschlandweit etwa 250.000 Betroffenen (ähnliche Größenordnung wie MS) keineswegs selten. Laut einer kürzlich veröffentlichten Studie der Charité können etwa 50% derjenigen Post-Covid-Patient*innen, deren Symptome länger als sechs Monate anhalten, ebenfalls mit ME/CFS diagnostiziert werden (Link zur PM: https://www.mdc-berlin.de/de/news/press/sars-cov-2-kann-chronisches-fatigue-syndrom-ausloesen). Dennoch gibt es für diese Erkrankung in
ganz Deutschland nur zwei Spezialambulanzen (eine für Erwachsene in der Charité Berlin und eine für Kinder im Klinikum rechts der Isar in München) und kein einziges zugelassenes Medikament. Eklatante Forschungslücken führen dazu, dass Betroffene falsch diagnostiziert und behandelt werden. Betroffene von (Post-Covid-)ME/CFS erleben oft einen ergebnislosen Ärzte-Marathon und eine massive Verschlimmerung ihrer Symptome durch kontrainduzierte Therapien.
Mit dem Netzwerk für Diagnostik, Rehabilitation und Nachsorge von Post-Covid (DiReNa) haben wir in Brandenburg die Chance, Vorreiter in der Versorgung ALLER Betroffenen und damit zum Hoffnungsanker für viele schwerkranke Menschen zu werden.
Wir fordern daher:
1. Finanzierung der interdisziplinären Erforschung des Post-Covid- und Post-Vakzin-Syndroms sowie von ME/CFS:
Eine Diagnose von ME/CFS ist bislang nur anhand klinischer Kriterien und ab einer Mindestkrankheitsdauer von sechs Monaten möglich. Um Diagnosekriterien und Risikofaktoren für die Erkrankung zu identifizieren, ist es dringend notwendig, klinische Studien massiv finanziell zu fördern. Hierdurch kann zum einen die Diagnose erleichtert und abgesichert werden, zum anderen können Betroffene frühzeitig therapiert werden, noch bevor sich die Erkrankung chronifiziert. Hierfür eignet sich etwa eine Kooperation mit der Medizinischen Hochschule Brandenburg und den regionalen Versorgungszentren im Rahmen des DiReNa-Netzwerks.
2. Finanzierung von Versorgungsstudien für (Post-Covid-)ME/CFS an Brandenburger Kliniken:
Bislang werden spezifische Behandlungsmöglichkeiten für ME/CFS-Patient*innen nur in einer einzigen Studie an der Charité erprobt. Derweil setzen Reha-Kliniken in der Post-Covid-Behandlung zumeist auf aktivierende Behandlungskonzepte, die für Betroffene von (Post-Covid-)ME/CFS kontraproduktiv sind. Daher müssen
Versorgungsstudien etwa an der medizinischen Hochschule Brandenburg oder den Versorgungszentren des DiReNa-Netzwerks entwickelt und finanziert werden, um den spezifischen Bedarfen von ME/CFS-Patient*innen gerecht zu werden.
3. Fachliche Erweiterung der DiReNa-Versorgungszentren als Spezialambulanzen sowie Weiterbildungs- & und Beratungszentren:
Vielen Fachärzt*innen fehlen aktuell die erforderlichen Fachkenntnisse in der Diagnostik und Therapie von (Post-Covid-)ME/CFS. Die wenigen existierenden Spezialambulanzen sind überlaufen. Betroffene gehen in ihrer Verzweiflung deshalb nicht selten teuren und wirkungslosen Heilsversprechen auf den Leim. Die Versorgungszentren des DiReNa-Netzwerks müssen daher dringend fachlich gestärkt und in ihrer Anzahl erhöht werden, um eine interdisziplinäre Diagnostik und Therapie von Post Covid und ME/CFS zu gewährleisten und Risikofaktoren frühzeitig entgegen zu steuern. Des Weiteren müssen sie zu Weiterbildungszentren für ambulante Haus- & Fachärzt*innen sowie Reha-Kliniken ausgebaut werden. Schließlich ist es an ihnen, den Betroffenen durch eine spezialisierte Beratung in sozialrechtlichen und medizinischen Belangen Sicherheit zu bieten. Dazu ist es erforderlich, das DiReNa-Netzwerk personell besser auszustatten und als Ansprechpartnerin überhaupt erst der Fachwelt und der breiten
Öffentlichkeit bekannt zu machen.
4. Druck auf die Bundesregierung erhöhen – Zulassungsstudien für aussichtsreiche Therapien fördern:
Es gibt bereits einzelne Heilverfahren bzw. Medikamente, die in der Behandlung von Post Covid und ME/CFS eine deutliche Verbesserung der Krankheitssymptome bewirkt haben, etwa das Medikament BC007 oder die H.E.L.P-Apharese. Zur Validierung ihrer Wirksamkeit sowie zur Erforschung weiterer Heilverfahren ist aber eine deutlich größere finanzielle Unterstützung durch den Bund vonnöten. Diese fehlt jedoch aktuell. Wir als Regierungspartei in Brandenburg müssen daher über den Bundesrat unseren Einfluss geltend machen und auf ein Einlenken von Bundesgesundheits- und Forschungsministerium drängen.
In Verbindung mit Ä34
Der medizinischen Einschätzung, welche konkreten Medikamente und Therapieansätze aussichtsreich sein könnten, sollten wir nicht politisch vorgreifen. Das ist Aufgabe der medizinischen Forschung, nicht der Politik.