Antragsteller*in: | LAG Wissenschaft, Hochschule & Technologie (dort beschlossen am: 19.10.2022) |
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19. V15: Barrierefreiheit in Bildung und Wissenschaft endlich umsetzen – Zugänglichkeit und Austausch für Alle verbessern!
Antragstext
Das Land Brandenburg muss dafür sorgen, dass Barrierefreiheit endlich auch in Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen selbstverständlich wird. Das gilt für den Umgang mit physischen Hindernissen in sämtlichen Gebäuden und Außenbereichen, sowie im gleichen Maße für digitale Räume. Die Präsenzen und Plattformen von Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen im Internet müssen einen zeitgemäßen barrierefreien Zugang zu Medien, Daten und Forschungsergebnissen ermöglichen.
Dafür fordern wir folgende Maßnahmen:
1. Das Land soll alle Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen sowie mit wissenschaftlicher Arbeit befasste Behörden und Landesbetriebe hinsichtlich der Barrierefreiheit von Zugang und Ausstattung überprüfen.
2. Das Land soll ebenfalls alle Präsenzen im Internet und Druckwaren dieser Einrichtungen auf barrierefreie Zugänglichkeit hin überprüfen.
3. Das Land soll einen Maßnahmenkataloge für barrierefreien Zugang in allen Bereichen von Bildung und Forschung entwickeln.
4. Das Land soll insbesondere ein Konzept zur Umsetzung einer digitalen Barrierefreiheit erarbeiten. Dazu gehören die generelle, barrierefreie Open Access-Veröffentlichung von wissenschaftlichen Dokumenten und Daten als standardisierte, interoperable1 Open Data.
5. Das Land soll die Umsetzung des Maßnahmenkataloges und der Konzepte überprüfen und auswerten. Noch bestehende Barrieren in physischen und digitalen Räumen sind so schnell wie möglich zu beseitigen.
Diese Maßnahmen dienen dazu, bereits bestehende Gesetze und Regelungen auch konsequent umzusetzen. Das Land Brandenburg muss endlich die notwendigen Schritte einleiten, die Umsetzung der Ansprüche an Barrierefreiheit in der Praxis zu beschleunigen. Damit soll ein freier Zugang zu Bildung und Wissenschaft sichergestellt werden.
Begründung
Der freie Zugang zu Bildung, Wissenschaft und Wissenschaftsergebnissen ist ein wichtiger Schlüssel auf dem Weg zu einer gerechteren Gesellschaft. Verschiedene Gesetze, Richtlinien und Verordnungen regeln deshalb schon jetzt die Zugangsmöglichkeiten. Beispielsweise schreibt die Brandenburgische Bauordnung in § 50 (3) vor:
"Bauliche Anlagen, die öffentlich zugänglich sind, müssen in den dem allgemeinen Besucher- und Benutzerverkehr dienenden Teilen barrierefrei sein. Dies gilt insbesondere für
- Einrichtungen der Kultur und des Bildungswesens,
- Sport- und Freizeitstätten,
- Einrichtungen des Gesundheitswesens,
- Büro-, Verwaltungs- und Gerichtsgebäude,
- Verkaufs-, Gast- und Beherbergungsstätten,
- Stellplätze, Garagen und Toilettenanlagen.
Für die der zweckentsprechenden Nutzung dienenden Räume und Anlagen genügt es, wenn sie in dem erforderlichen Umfang barrierefrei sind. Toilettenräume für Besucher und Benutzer müssen in der erforderlichen Anzahl barrierefrei sein."
Bezüglich diverser Daten und Dokumente sind beispielsweise das Geodatenzugangsgesetz und das Umweltinformationsgesetz einschlägig. Allerdings lässt die Umsetzung der Gesetze, Richtlinien und Programme in der Praxis zu wünschen übrig. Die physische Zugänglichkeit diverser Einrichtungen ist für Menschen mit Behinderungen in vielen Einrichtungen immer noch erschwert.
Gleiches gilt für die Inhalte wissenschaftlicher Praxis, besonders in ihren digitalen Formen. Die Veröffentlichungen, Webseiten, Bilder und Texte werden entgegen vorliegender Bestimmungen häufig nicht barrierefrei zur Verfügung gestellt. Die die international gültigen Web Content Accessibility Guidelines sowie die europäische Norm EN 301 549 für PDF-Dokumente werden nur in wenigen Fällen beachtet. Open Access-Veröffentlichungen sind bisher nicht Standard, geschweige denn verpflichtend. Das Grundprinzip ‚Public Money = Public Code‘ wird nicht umgesetzt, und immer noch müssen Initiativen wie ‚Frag den Staat‘ die Freigabe von Dokumenten erkämpfen. Lösungen für die interoperable Bereitstellungen komplexer Daten sind nicht vorhanden, und in den Einrichtungen der Länder herrscht immer noch ein Besitz- und Anspruchsdenken in Bezug auf diverse Datenthemen vor.
Die in diesem Antrag vorgeschlagenen Maßnahmen sollen hier Abhilfe schaffen und an vielen Stellen des Bildungs- und Wissenschaftsbetriebs für mehr Barrierefreiheit sorgen. Denn nur eine barrierefreie Wissenschaft kann auch eine freie Wissenschaft sein.
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1 interoperabel, Interoperabilität (Fachbegriff) = die Fähigkeit unabhängiger, heterogener Systeme, nahtlos zusammenzuwirken, um Daten auf effiziente und verwertbare Art und Weise auszutauschen bzw. dem Benutzer zur Verfügung zu stellen, ohne dass dazu besondere Adaptierungen notwendig sind.