W-21: Federico Masson (KV Frankfurt Oder)

Liebe Brandenburger Grüne,

Februar 2021 erschien das Buch vom TAZ-Journalist Ulrich Schulte “Die Grüne Macht”. Ein Kapitel des Buches heißt: “Bündnis 90/Die Weißen”. Dort wird eine von uns bekannte Kritik an unsere Partei formuliert, die an manchen Stellen auch richtig ist:

“Wie viele ihrer rund 104000 Mitglieder (Stand: Sept 2020) einen Mitgrationshintegrund haben, wissen die Grünen laut Bundesgeschäftsführer Michael Kellner nicht. Bei einer Befragung von Neumitgliedern gaben 10 an, einen Migrationshintergrund zu haben. Also nicht mal halb so viele wie im deutschen Durchschnitt.” (S. 139)

Ich habe mich selbst mehrmals gefragt, warum das so ist. Warum diese angestrebte Vielfalt in unseren Parteistrukturen nicht verankert oder umgesetzt ist. Unser im Dezember 2020 verabschiedeten Vielfaltstatut enthält einen konkreten Vorschlag dazu, wie sich das ändern könnte. Mit dem neuen grünen Diversitätsrat sind wir die erste Partei in Deutschland, die sich proaktiv mit den Barrieren, Hürden und/oder Vorurteilen in ihren eigenen Parteistrukturen auseinandersetzen möchte. Demensprechend möchte ich einer der Ersten sein, der dieses neue Gremium mitgestaltet.

Als queerer und ausgewanderter Migrant in Deutschland gehöre ich zu einer benachteiligten Gruppe. Die von den Migrant*innen, die in deren neuen "Heimat" etwas (politisch) bewegen möchten. Deswegen ist es mir ein wichtiges Anliegen, dass wir als Partei die Bedingungen dafür schaffen, sodass unsere Mitglieder und Mandatsträger*innen die von uns angestrebte Vielfalt repräsentieren. Dazu gehört Strukturen aus und mit einer intersektionellen Perspektive zu schaffen. Wozu? Nicht nur, um neue Mitglieder mit vielfältigen Hintergründen zu gewinnen, sondern um auch unsere diversen Mitglieder, ob alt oder neu, darüber zu informieren und zu motivieren, sich für bestimmte Posten zu bewerben. Nur so können wir echte Repräsentanz ermöglichen.

Genauso wie unsere Partei Angebote für Frauen, wie das Frauenmentoringprogramm anbietet, sollte es Angebote zum Empowerment von anderen diskriminierten oder in der Partei unterrepräsentierten Gruppen geben, z.B. für Migrant*innen. Diese könnten beispielweise in Form von gezielten Mentoringprogrammen oder regelmäßigen Info-Veranstaltungen in Landes- und Kreisvänden sein. Bei Migrant*innen gibt es bestimmte Problematiken, die ähnlich zu den von anderen benachteiligten Gruppen sind. Aber hinzu kommen u.a. mangelnde Sprachkenntnisse oder Unsicherheiten bei dem fachlichen Sprachgebrauch, fehlende Netzwerke, sowie Unwissenheit über die politische Geschichte Deutschlands.

Trotz der Wilkommenskultur und der Offenheit der Grünen habe ich aufgrund meines "Ausländerdaseins" sehr viele Unsicherheiten während meines Engagements in unserer Partei (gehabt). Dennoch bin ich als weißer, ausgebildeter Mann aus einer bürgerlichen Familie von Akademikern sehr priviligiert. Daher ist mir bewusst, dass Andere es noch viel schwerer haben als ich. Genau deswegen möchte ich mich dafür einsetzen, dass wir ihnen dabei helfen, diese Unsicherheiten zu überwinden.

Unterschiedliche Ereignisse der letzten Jahre haben gezeigt, dass die Anfeindungen und die ausgeübte Gewalt gegen Migrant*innen, BIPOC, Frauen und Queere zugenommen haben. Die Zeit ist gekommen, in der diese Gruppen ihre Stimme nutzen, um zu Wort zu kommen, und sich selbst zu repräsentieren. Auch im Diversitätsrat. Dementsprechend und vor dem Hintergrund meines persönlichen, politischen und beruflichen Werdegangs möchte ich als Basisdelegierter unseren Landesverband im Diversitätsrat repräsentieren.

Federico