Veranstaltung: | 43. Landesdelegiertenkonferenz |
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Tagesordnungspunkt: | 3. Leitantrag |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Landesdelegiertenkonferenz |
Beschlossen am: | 07.12.2019 |
Eingereicht: | 10.12.2019, 16:22 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Ein neues Kapitel für Bündnis 90/Die Grünen Brandenburg
Beschlusstext
2019 beginnt ein neues Kapitel in der Geschichte von Bündnis 90/Die Grünen Brandenburg. Vieles, woran wir in den letzten Jahren intensiv gearbeitet haben, konnten wir durch die Wahlkämpfe und Wahlen in diesem Jahr erfolgreich abschließen. Gleichzeitig stehen wir vor ganz neuen Herausforderungen. Wir haben einen großen Schritt nach vorne gemacht. Die Mitgliedschaft wird voraussichtlich noch in diesem Jahr die 2.000er Marke knacken. Zahlreiche neue Orts- und Regionalverbände haben sich gegründet, die Präsenz in der Fläche ist stark gestiegen und weiße Flecken wurden grün eingefärbt. Die Landesarbeitsgemeinschaften sind in Anzahl, Themenvielfalt, Mitgliedschaft und Expertise gewachsen.
Bei der Kommunalwahl haben wir ausnahmslos in allen Kreistagen an Stimmen und Sitzen zugelegt, sind in einigen Gemeinden stärkste Kraft geworden und in vielen Gemeinden das erste Mal vertreten. In einigen Orten konnten wir verstärkt Verantwortung in Räten, Ausschüssen und Verwaltungen übernehmen.
Auch im Landtag beginnt eine neue Epoche für uns. Zunächst waren wir in den Aufbruchjahren nach der friedlichen Revolution 1989 mit Bündnis 90 in der ersten Ampel-Regierung beteiligt. Es folgten 15 lange Jahre der außerparlamentarischen Opposition, die mit dem Wiedereinzug 2009 beendet wurden. Nach nun zehn Jahren parlamentarischer Opposition sind wir bei der Wahl am 1. September mit einem sehr guten Ergebnis in den Brandenburger Landtag eingezogen und schließlich in eine für uns herausfordernde Kenia-Koalition eingetreten.
Mit all diesen Veränderungen sind auch starke personelle Umbrüche verbunden. Damit stehen wir am Beginn eines neuen Kapitels für Bündnis 90/Die Grünen in Brandenburg. In diesem wird es darum gehen, die Verankerung der Partei in der Gesellschaft weiter zu vertiefen und die Professionalisierung weiter voranzutreiben, die Regierungsbeteiligung für Fortschritte zu nutzen ohne die Differenz zu bündnisgrünen Positionen zu verschweigen.
Landtag und Regierung
Bei der Landtagswahl sind wir viertstärkste Kraft geworden. SPD, Linke und CDU haben jeweils ihre historisch schlechtesten Ergebnisse erzielt. Die AfD hat mit 23,7% noch besser abgeschnitten als erwartet. Die SPD konnte lediglich durch viele „Leihstimmen“ noch einmal vor der AfD landen. Die BVB/FW haben es in Fraktionsstärke in den Landtag geschafft.
Unsere bündnisgrüne Fraktion steht vor der Mammut-Aufgabe, Präsenz in der Fläche zu zeigen, einen Beitrag zu einer lebendigen und sachlichen Diskussionskultur im Landtag zu leisten, auf aktuelle Problemlagen zu reagieren und bündnisgrüne Themen auf die Agenda des Landtags zu setzen.
Nach der Wahl gab es Sondierungen, Koalitionsverhandlungen, einen Koalitionsvertrag und schließlich eine Urabstimmung, die uns in eine Kenia-Regierung geführt hat. In der Koalition müssen nun die Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag möglichst erfolgreich umgesetzt werden, gleichzeitig gilt es, das Profil der Partei zu bewahren bzw. weiter zu schärfen. Die neue Rollenverteilung zwischen Partei, Fraktion und Regierung muss ausgefüllt werden. Landesvorstand, Fraktionsspitze und die Regierungsmitglieder sind aufgefordert, dafür konkrete Verabredungen zu finden und in engem Austausch zu bleiben. Wichtig ist gegenüber der Basis Entscheidungsprozesse transparent zu vermitteln.
Inhaltliche Arbeit
Die inhaltliche und programmatische Arbeit wollen wir weiter vertiefen. Dafür sind die LAGen als „Thinktanks“ unverzichtbar. Deshalb wollen wir sie auch strukturell stärken. Wir rufen die bündnisgrünen Landtags-Abgeordneten auf, die Zusammenarbeit mit den LAGen zu intensivieren und regelmäßig an den Sitzungen teilzunehmen. Ziel ist, die LAGen noch stärker in die inhaltliche Positionierung sowie in die Organisation von Fachgesprächen oder Veranstaltungen von Partei und Fraktion einzubinden. Dafür wollen wir Qualifizierungsangebote bereitstellen, die LAG-Sprecher*innentreffen fortsetzen und auch über die Etablierung eines LAG-Sprecher*innenrats nachdenken.
Die guten Kontakte zu Verbänden wollen wir weiter pflegen und in Zusammenarbeit mit der Landtagsfraktion und den Landesarbeitsgemeinschaften ausbauen. Die Sommerkonferenz als Ort der Vernetzung soll dabei weiterhin eine Rolle spielen.
Kommunalpolitik
Die guten Wahlergebnisse bei den Kommunalwahlen bringen auch mehr Verantwortung mit sich. In einigen Orten konnten wir stärkste Fraktion werden und stellen die Vorsitzenden der Gemeindevertretung oder Stadtverordnetenversammlung. Wir sind teilweise an Koalitionen und Zählgemeinschaften beteiligt und können Beigeordneten- oder Dezernent*innenposten besetzen. Die Vernetzung der kommunalen Ebene untereinander und mit der Landespolitik sowie die Schulung und Unterstützung der kommunalen Abgeordneten wollen wir in Zusammenarbeit mit der GBK (Grün-Bürgerbewegte Kommunalpolitik e.V.) weiter forcieren. Auch ist es wichtig, über Schulungen und Vernetzung Personal aufzubauen, um weitere Beigeordneten oder Dezernent*innenposten zu besetzen und bei Bürgermeister*innen- und Landrät*innenwahlen kompetente und aussichtsreiche Kandidierende ins Rennen schicken zu können.
Orts- und Kreisverbände
In den Orts- und Kreisverbänden findet das Parteileben vor Ort statt. Wir wollen die verbleibenden weißen Flecken weiter begrünen, um möglichst überall einen (zuständigen) Orts- bzw. Regionalverband zu haben. Das Parteileben vor Ort sollte spannend und von Wertschätzung geprägt sein, die zu übernehmenden Ämter attraktiv und unabhängig von parlamentarischer Arbeit auch aktionistische und niedrigschwellige Beteiligungsformate bieten. Dafür gilt es eine gute Diskussionskultur zu pflegen, Neu-Mitglieder freundlich und offen zu integrieren, technische und inhaltliche Angebote der Gesamtpartei zu nutzen und den Spaß an der politischen Arbeit nicht zu vergessen. Auch für Basismitglieder muss es weiterhin gute Weiterbildungsangebote geben, u.a. von der Heinrich-Böll-Stiftung Brandenburg bzw. Green Campus und der GBK. Die Beteiligungsmöglichkeiten wie z.B. die jährliche Sommerkonferenz und die Basistreffen werden fortgeführt. Neue Formate, z.B. über das Internet, wollen wir ausprobieren. Das
Kreisvorstände-Arbeitspaket wird überarbeitet und aktualisiert. Neumitgliedertreffen und –workshops sollen weiterhin angeboten und die Etablierung von Neumitgliederbeauftragten bzw. paten weiter vorangetrieben werden.
Frauen
Der Anteil von Frauen an der Mitgliedschaft ist deutlich gewachsen und liegt aktuell in Brandenburg bei über 41%. Wir wollen den Anteil weiter erhöhen, Ziel sind die 50%. Der Landesverband wird ein eigenes Frauenstatut erarbeiten. Das erfolgreiche Frauenmentoringprogramm wird fortgeführt und um weitere Vernetzungsangebote ergänzt. Kommunale Mandatsträger*innen wollen wir gezielt unterstützen. Unsere Parteistrukturen wollen wir weiterhin hinsichtlich der Attraktivität für Frauen hinterfragen und verbessern.
Finanzen
Die Finanzsituation des Landesverbandes hat sich durch die erfolgreichen Wahlen erheblich verbessert. Wir wollen mit den Schatzmeister*innen und den Kreisvorständen eine Diskussion darüber führen und eine Strategie entwickeln, wofür die Mehreinnahmen verwendet und wie die Finanzmittel zwischen Kreisverbänden und Landesverband verteilt werden. Die Landesgeschäftsstelle wollen wir für die gestiegenen Anforderungen personell verstärken. Die Professionalisierung des Landesvorstandes wollen wir weiter vorantreiben, die Kreisgeschäftsführungen auf eine dauerhaft belastbare Basis stellen und ausreichend Rücklagen für die nächsten Wahlen aufbauen.